
Zusammenfassung
Diese Podcastepisode ist eine knapp einstündige Unterhaltung zwischen dem Moderator Dierk und seinen beiden Gästen Verena Heyn und Ralf Mackowiak von der Arineo GmbH, einem IT-Dienstleister, der sich als Employee Owned Company organisiert hat und auf verteilte Führungsarbeit setzt. Verena und Ralf erklären, wie sie die Führungsarbeit in vier Dimensionen aufgeteilt haben: Auslastungscontrolling, Teamentwicklung, Organisation und Vertragspartnerschaft. Jede Dimension wird von einer koordinativen Rolle ausgefüllt, die stärkenorientiert gewählt und auch wieder abgegeben werden kann. Die Rollen werden von den Basisgruppen, die aus Menschen mit ähnlichen Fähigkeiten bestehen, selbstbestimmt besetzt, mit Ausnahme der Vertragspartnerinnen, die einen Reflektionsprozess durchlaufen müssen, da sie für das Arbeitsrecht und die disziplinarische Führung zuständig sind.
Verena und Ralf berichten auch, wie sie das Modell gemeinsam mit den Mitarbeitenden entwickelt haben, indem sie partizipativ Bedürfnisse, Schmerzpunkte und Lösungen erarbeitet haben, und wie sie sich mit anderen Unternehmen vernetzen, die ähnliche Ansätze verfolgen. Sie beschreiben, wie sie eine hohe Selbstorganisation und Flexibilität bei den Mitarbeitenden fördern, indem sie ihnen die Freiheit geben, zu entscheiden, wo, wann und wie sie arbeiten, und ihnen die Möglichkeit bieten, sich in verschiedenen Projekten und Herausforderungen einzubringen. Die kollegiale Organisation ermöglicht es den Mitarbeitenden, sich selbstwirksam einzubringen, ihre Stärken auszuspielen und sich weiterzuentwickeln.
Verena und Ralf betonen, dass die kollegiale Organisation nicht nur für die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit und die Kundenbindung von Vorteil ist, da sie eine hohe Stabilität, Qualität und Vertrauen in der Dienstleistungserbringung gewährleistet. Sie geben auch Tipps für andere Unternehmen, die sich für eine kollegiale Organisation interessieren, und ermutigen sie, auszuprobieren, was zu ihnen passt, und sich von alten Hierarchien und Denkmustern zu lösen.
Kollegiale Organisation – Wie geht das?
Transkript der Episode
Dierk
Hallo und herzlich Willkommen zur neunundzwanzigsten Episode des Podcasts Business Akupunktur mit dem Titel «Kollegiale Organisation – Wie geht das?». Ich freue mich auf dieses Thema und meine beiden Gäste Verena Heyn und Ralf Markowiak. Beide kommen von der Arineo GmbH. Und vielleicht kommt den Stammhörenden dieses Unternehmen bekannt vor.
Ich hatte im letzten Jahr schon zweimal Vertreter der Arineo hier im Podcast. Im Juni 2023 habe ich mit Dr. Gerd Heinzerling über das Thema Künstliche Intelligenz gesprochen. Und im August hatte ich Dr. Marko Weinrich zum Thema Employee Owned Company, ein Organisationsmodell für die Zukunft zu Gast. Und an das Thema EOC wollen wir heute anknüpfen. Mit Marko Weinrich habe ich primär über rechtliche und strategische Fragen gesprochen. Heute wollen wir mehr über die organisatorischen und menschlichen Dinge sprechen und konkrete Vorteile benennen. Hallo Verena, hallo Ralf. Herzlich willkommen und vielen Dank für eure Zeit und die Bereitschaft über die kollegiale Organisation zu sprechen und zu berichten. Möchtet ihr euch beide kurz vorstellen?
Verena Heyn
Ja, vielen Dank für die Einführung. Ja, mein Name ist Verena Heyn. Ich arbeite bei der Arineo und bin da für die Personalentwicklung zuständig und bin seit gut einem Jahr dabei. Komme aus der Nähe von Braunschweig. Hab mal Psychologie studiert. Das ist so mein Hintergrund. Ja, vielleicht reicht das schon zu Beginn. Genau.
Ralf Mackowiak
Ja, hallo Dierk, freut mich auch, hier zu sein, Ralf Mackowiak. Ich bin seit ca. 20 Jahren in der IT-Branche unterwegs, hab da unterschiedliche Dinge gemacht und seit 2019 bei Arineo. Da hatte ich die Gelegenheit tatsächlich mit einer großen Anzahl von Kolleginnen unser eigenes Organisationsmodell, das Arineo-Modell der kollegialen Organisation zu entwickeln. Das ist so der Teil, den ich auch bis heute im Innenverhältnis der Arineo weiterverfolgen, nach außen hin zu Kunden, unterstütze ich Kunden bei, ja, Digitalisierungsstrategie, Entwicklung, IT-Strategie, Entwicklung, letztendlich die Ausrichtung, wie man heute mit Digitalisierung und dem digitalen Wandel umgeht. Und ich freue mich hier zu sein und bin ganz neugierig, was du an Fragen mitgebracht hast.
Dierk
Jawohl, ich bin auch neugierig auf meine Fragen und auf eure Antworten dann vor allen Dingen und auf eure Berichte. Schon mal ein kleiner Spoiler auch für die, die jetzt hier dann auf sich, auf diese Folge auch freuen. Was mir bei Arenio besonders gefällt, was ich so eben auch gelesen habe und mitbekommen habe, ist, dass ihr eben euer Modell entwickelt habt. Und das ist das, was mir besonders gefällt. Die meisten der Zuhörenden werden mich als Methodentrainer kennen, dass ich Methoden unternehmen oder Menschen näherbringe.
Ich bin aber selber immer sehr begeistert, wenn Unternehmen eben nicht irgendeine Methode einführen, sondern ihr Bild und ihr Modell selbst entwickeln. Natürlich macht es Sinn, sich auf Methoden zu beziehen und aus Methoden Dinge zu übernehmen. Also insofern freut es mich heute quasi die Arineo-Ausprägung von irgendetwas hier mit euch zu besprechen und irgendetwas, das werden wir ja noch klären.
Meinen Gästen stelle ich zum Einstieg immer die Frage, was hast du gedacht, als du zum ersten Mal den Titel Business Akupunktur gehört hast?
Ralf Mackowiak
Ja, das ist ein guter Punkt. Ich muss ehrlich sagen, ich habe so innerlich geschmunzelt und dachte so, ja, irgendwie ein winziger kleiner Nadelstich mit einer großen Wirkung. Und warum kam ich darauf? Ich hatte tatsächlich mal das Bedürfnis, aus gesundheitlichen Gründen eine Akupunktur in Anspruch zu nehmen und dachte erst Mensch, ob das wirklich hilft. Und dann merkte ich, die kleinen Stiche, die helfen tatsächlich, nämlich im Sinne der Verbesserung. Oder hier würde ich mir versprechen, im Sinne von neuen Impulsen und Gedanken, die uns allen so auf den Weg begleiten können.
Verena Heyn
Ja, und ich habe bei dem Titel direkt an meine Arbeit tatsächlich gedacht, weil ich finde, die Personalentwicklung, also Entwicklung für unsere Mitarbeitenden anzubieten, dabei zu unterstützen, das sind ja auch immer nur so kleine Impulse, die wir setzen in der Hoffnung, dass die Menschen sich dann entwickeln können und was Neues vielleicht an sich entdecken und in ihrer Arbeit was Neues entdecken und sich da weiterentwickeln. Von daher habe ich da irgendwie gleich so einen Zusammenhang auch eben zu dem gesehen, was ich auch so täglich tue.
Dierk
Sehr schön, ja, das klingt doch sehr interessant und sehr vielversprechend auch für die Aufnahme hier, für unsere Episode, für unser Gespräch.
Dann lasst uns mal einsteigen. Wir haben den Titel Kollegiale Organisation. Wir nennen das immer KO. Da habe ich manchmal gedacht, KO?, ja, okay, also ich habe es jetzt gelernt, aber wer weiß, vielleicht müssen wir auch noch oder müsst ihr immer auch darauf achten. Was ist eine kollegiale Organisation und wie unterscheidet sich die von einer traditionellen. Also gibt es Unterschiede? Ich denke mal. Aber wie sieht es da aus? Unterschied? Was ist auch eine kollegiale Organisation?
Ralf Mackowiak
Ich sage mal so, die meisten Unternehmen sind ja sehr klassisch organisiert. Wir haben so eine Aufbauorganisation, eher so pyramidenartig. Wir haben so eine Kaskade von Führungskräften, kann man jetzt sehen von Teamleiter bis hoch zur Geschäftsführung oder umgekehrt, wie man das gerne wahrnehmen möchte.
Das bringt Vor- und Nachteile mit sich. Das haben wir so in den letzten 20 Jahren mit verschiedenen Kolleginnen gelernt. Man hat auf einmal so Engpässe. Man hat eine Führungskraft, da liegt ziemlich viel auf dem Tisch. Ich kann mich an solche Sachen erinnern aus der Vergangenheit. Ich kam mal aus dem Urlaub, 800 Mails. Ich dachte, ich sehe nicht richtig. Und dann noch ein Riesenstapel Papier auf dem Schreibtisch, was ich denn alles noch bearbeiten soll.
Das wäre für mich so klassisch, so eine Organisation. Ist gut organisiert an sich, man hat klare Verantwortlichkeiten. Es hat allerdings auch, wie soll ich sagen, Herausforderungen, die wir anders wahrnehmen wollen. Deswegen haben wir uns die Frage gestellt, brauchen wir das überhaupt mit den Chefs? Brauchen wir überhaupt Führungsarbeit in der Art? Und wie können wir das neu gestalten? Und so haben wir für uns ein Modell entwickelt, wo wir, um es jetzt nicht zu ausschweifen zu machen, im Wesentlichen gesagt haben, wir zerteilen die Führungsarbeit in vier Dimensionen. Das heißt, wir haben vier koordinative Rollen geschaffen für Themen der Führungsarbeit, die sonst eine Einzelperson in anderen Unternehmen innehaben kann. Das Ganze gestalten wir auch so, dass die Zusammenarbeit eher projektartig ist. Das heißt, es entsteht ein Bedarf an einer Stelle. Wir prüfen, wer hat die passenden Fähigkeiten und Stärken, um an dieser Stelle unterstützen zu können.
Und damit gibt es dann auch die Gelegenheit, sich da im Sinne von Selbstwirksamkeit einzubringen. Das ist auch mehr oder minder selbst organisiert. Das heißt, es gibt zwar einen Handlungsrahmen, aber es ist schon so, dass Teams die Herausforderungen eigenständig gestalten.
Und da sehen wir halt auch einen wesentlichen Unterschied zu klassischen Strukturen. Das kennt man sicherlich auch. Jemand ist in Abteilung 1 und möchte mitarbeiten in einem Thema, was Abteilung 2 zugeordnet ist. Und da kommen sofort die typischen Fragen. Muss ich jetzt die Kostenstelle wechseln? Kriege ich einen neuen Chef? Was heißt das für mich als Mitarbeitender? Oder im schlimmsten Fall gibt es auch konkurrierende Ziele von zwei Abteilungsleitern, was dann eigentlich den Einsatz nicht wirklich macht.
Genau das wollen wir bei uns nicht. Wir wollen schnell und flexibel handeln, gute Entscheidungen treffen und deswegen ist es da eher eine projektartige Zusammenarbeit. Vielleicht kannst du, Verena, noch ein bisschen zu den Rollen ausführen. Das wäre, glaube ich, noch eine schöne Ergänzung.
Verena Heyn
Genau, also einer unserer wichtigsten Pfeiler ist, dass die Führungsarbeit eben nicht von einem Chef, einer Person da irgendwie zentriert wird, wodurch ja auch ein ziemlich großer Machtanteil irgendwie besteht. Und ich kenne viele Freunde, die in Konzernen zum Beispiel arbeiten, wo alles über diese eine Person läuft. Also der Chef, die Chefin entscheidet und wenn die mal einen schlechten Tag hat und dir die Nase nicht gefällt, dann hast du eben verloren.
Wir haben die Führungsarbeit eben ganz klar aufgeteilt und zwar stärkenorientiert. Das heißt, bei uns können sich Menschen überlegen, Mensch, ich habe Lust, Führungsarbeit zu leisten und können dann überlegen, na ja, was kann ich denn eigentlich gut? Also bin ich jemand, der gut mit Zahlen umgehen kann? Bin ich jemand, der gut organisieren kann? Bin ich jemand, der Spaß daran hat, neue Leute an Bord zu holen und Lust hat, ein Team aufzubauen und zu schauen, wer noch fehlt in unserem Team?
Bin ich jemand, der entwickeln möchte und nach diesen unterschiedlichen Aufgaben, die so eine klassische Führungskraft eben hat, haben wir Rollen entwickelt. Und die werden in dem Sinne auch selbstbestimmt erstmal gewählt. Das heißt, wir sind in Gruppen organisiert, in Teams organisiert und dann kann das Team entscheiden, wer diese Rolle ausfüllt. Also ich könnte für mich überlegen, Mensch, ich glaube, ich kann das und ich habe Lust dazu und dann probiere ich mich da einfach aus.
Ich finde einen ganz wichtigen Aspekt dabei, dass man diese Rolle immer wieder abgeben kann. Das heißt, wenn ich merke, ja, ich habe das jetzt zwei Jahre lang gemacht. Also zum Beispiel haben wir die Rolle der Vertragspartnerin. Da bin ich diejenige, die alles vertraglich regelt mit den Mitarbeitenden und auch für die Entwicklung zuständig ist. Wenn ich merke, boah, ich bin jetzt gerade hier in so einem wichtigen Projekt und das will ich jetzt die nächsten zwei Jahre voll fokussiert machen, dann könnte ich diese Rolle auch erst mal wieder abgeben, ohne eben einen Gesichtsverlust zu erleiden. Und das ist das, was ich auch in anderen Unternehmen viel erlebt habe. Ich war früher psychologische Unternehmensberaterin. Das heißt, ich habe viele verschiedene Unternehmen schon von innen gesehen und da ist dieser Gesichtsverlust immer ein ganz großes Thema gewesen. Also wenn dann so jemand kommt und sagt, ja, du bist deinen Job jetzt los, weil du kannst ihn nicht mehr, dann sind die einfach durchs Raster gefallen und dann waren die weg. Und das, finde ich, ist eins der ganz, ganz, ganz tollen Aspekte dieser verteilten Führungsarbeit und auch dieser Möglichkeit, einfach zu sagen, ich konzentriere mich jetzt wieder auf andere Dinge, ich gebe die Rolle wieder ab.
Dierk
Ja, Ralf, du hast eben von den oder von vier Dimensionen gesprochen. Könnt ihr die noch mal ein bisschen erläutern? Also würde ich auch präzise benennen. Verena, du hast eben schon ein bisschen was dazu gesagt, aber das werde ich noch mal sozusagen auflisten.
Ralf Mackowiak
Ja klar, können wir gerne machen. Also zum einen muss man noch mal unterscheiden, wir haben auf der einen Seite, wir nennen das eher Fachrollen, das heißt also Rollen, die man benötigt, um unser Dienstleistungsgeschäft in der IT-Branche zu erbringen. Also das darf man sich vorstellen, jemand ist von Typ Entwicklerin, von Typ Projektleiterin, von Typ Business Consultant. Diese Rollen gibt es natürlich bei uns auch, die decken allerdings die Fachdimension ab.
Wenn ich jetzt in die Führungsdimensionen gucke, also Führungsarbeit, dann haben wir ja schon vor vielen Jahren erkannt und auch ich an mir selber, ich war auch ehemalige Führungskraft in unterschiedlichen Rollen.
Also wir sind so aus so 16 Aufgabenfeldern, also im Prinzip, gekommen. Und da kam sofort auch der Gedanke auf, Mensch, kann ich die überhaupt alle? Schaff ich das? Also bin ich da überhaupt gut drin? Und in der Eigenbewertung hat man gemerkt, so gut ist man da nicht drin, zumindest mal nicht in allen 16. Und deswegen haben wir dann überlegt, wie lösen wir das? Und wir haben aus den 16 vier große Cluster gemacht. Wir haben gesagt, zum einen ist es so, wir haben eine Gruppe von Menschen mit ähnlichen Fähigkeiten, also als Beispiel eine Gruppe von Entwicklerinnen, das nennen wir Basisgruppe,
Und innerhalb dieser Gruppe muss man sich jetzt organisieren, und zwar in der ersten Dimension, wir nennen das Auslastungscontrolling. Das klingt jetzt so ein bisschen nüchtern, damit gemeint ist aber letztendlich die Personaleinsatzplanung, aber auch die Sicherheit, dass Kolleginnen nicht zu viel machen, also Überlastkontrolle.
Dieses Cluster haben wir einer Koordinationsrolle zugewiesen. Das ist für uns die Auslastungskontroller, Basisgruppenkoordination. Die zweite Sache ist, wenn man so darüber nachdenkt, das kennt man auch aus klassischen Strukturen. Man muss in der klassischen Welt formuliert in Teams oder in Abteilungen bestimmtes Wissen vorhalten.
So ähnlich ist das hier auch. In unseren Basisgruppen gilt es, Wissen aufzubauen, Personal weiterzuentwickeln in Summe oder auch neues Personal einzustellen, sodass wir Fähigkeiten für unsere Dienstleistungserbringung vorhalten. Das kann zum Beispiel bei Projektmanagerinnen sein, dass man sich mit Projektmanagement ausbildet, weiter ausbildet.
Dieses Thema haben wir in den Teamentwicklungskoordinatoren verankert. Die stehen eben dafür, dass das vorangebracht wird und stattfindet und gute Entscheidungen getroffen werden. Und am Ende ist es auch so, das kennen die ein oder anderen noch, es gibt immer in der klassischen Welt diese Montagsmeetings, man trifft sich und überlegt, wie sieht die Welt aus für diese Woche.
Sowas ähnliches tun diese Gruppen auch und das wird organisiert von der Organisationskoordinatorin. Die ist aber tatsächlich jetzt nicht nur für die Terminplanung verantwortlich, da geht es auch um die Fragestellung, wie gelangen Informationen aus einer Gruppe zu anderen Gruppen oder umgedreht von Gruppen in diese Gruppe hinein.
Das ist dann im Prinzip die Analogie, ich gehe aus Abteilungsleiter-Meeting oder einen Steuerungs-Meeting, sowas Ähnliches gibt es bei uns auch, das heißt woanders. Das heißt, diese Menschen sind zum Beispiel von der Gruppe benannt, an übergeordneten Steuerungs- und Koordinationskreisen teilzunehmen, um eben Kommunikation und Wissens- und Informationsfluss sicherzustellen. Damit haben wir die drei Dimensionen, die man letztendlich, wenn man mal ehrlich ist, die meiste Zeit im Alltag braucht, um seine Arbeit zu organisieren.
Tatsächlich ist es so, es gibt noch eine vierte Dimension, die hatte Verena schon angesprochen, das ist die da Vertragspartnerin. Die ist ein bisschen speziell. Also ich versuche es mal so in einfachen Worten, also in meiner Sprache ist das immer so, jeder von uns hat ein Deal mit dem Unternehmen. Das ist das, was man normalerweise so Arbeitsvertrag nennen würde. Da steht drin, was mache ich im Wesentlichen, wie viel Zeit bringe ich ein und was bekomme ich dafür.
So, jetzt muss irgendjemand sich um diese Dimension, nennen wir sie mal im weitem Sinne, das Arbeitsrecht kümmern. Wir brauchen auch jemanden, der im eins zu eins mit einem Menschen in den Austausch geht. In positiven, also gutes Feedback, mensch, hab ich toll erlebt, aber vielleicht auch mal in Richtung Sanktionen denkt. Ja, das war nicht okay. Ja, oder es war nicht im gewünschten Verhaltensbereich. Vielleicht solltest du früher aufstehen, damit du pünktlicher zu den Meetings kommst.
So, diesen Teil der tatsächlichen, also andere würden sagen der tatsächlichen Führungsarbeit, nämlich der disziplinarischen Führung haben wir in dieser Rolle verankert. Die Vertragspartnerinnen werden im Gegenzug zu den anderen drei nicht von den Gruppen eigenständig gewählt. Es ist so, dass man ein Interesse bekunden kann, dass man diese Rolle übernehmen möchte.
Man durchläuft dann allerdings so einen Reflektionsprozess. Wenn man sich selber noch mal hinterfragt und kennenlernt, ist man dem Ganzen dann auch gut gewachsen. Warum der Aufwand? Ja, am Ende sagte ich schon, wir sind hier im Arbeitsrecht, wir sind eigentlich auch im Direktionsrecht. Das heißt, die Vertragspartnerinnen sind legitimiert durch, tatsächlich, aber wir haben noch Geschäftsführer.
Und damit bekomme ich dann halt diese vier Cluster zusammen. Das eine ist halt Auslastung, das andere ist halt Teamentwicklung, das andere ist Organisation. Da sind wir bei Gruppen. Und das sind die Gruppen, die Menschen auch eigenständig bestimmen können, die diese Aufgaben wahrnehmen. Und der vierte Teil ist halt, ich sage mal, die Führungsarbeit im engeren Sinne, also das, was man näher mit Direktions- und Vertragsrecht verorten würde. Genau. Und da ist Verena ganz engagiert, das noch weiter auszubauen.
Dierk
Mein erster Eindruck jetzt ist, hinter dem Begriff kollegiale Organisationen steckt sehr viel mehr und auch vielleicht was anderes, als was ich mir im ersten Schritt vorstellen würde. Also wir kennen das vielleicht auch. Ja, manch, wir sind sehr kollegial zueinander. Das heißt, man ist sehr nett zueinander. Aber das, was ihr bis jetzt so berichtet habt und was ich verstanden habe, da steckt ja schon eine Menge Wissen drin und auch eine Menge Umsetzungsplanung und natürlich auch Umsetzungserfahrung für euch.
Als ich es zum ersten Mal so gehört habe, auch was ihr so berichtet habt, es geht ja auch viel um Selbstorganisation. Und ich erlebe häufig Missverständnisse, dass manche Menschen denken, Selbstorganisation heißt, jeder kann machen, was er will, wir haben keine Prozesse. Was sind so eure Erfahrungen zu diesem Stichwort und zu dem Verständnis? Und dann auch, ist das so, heißt Selbstorganisation, keine Prozesse haben?
Verena Heyn
Also ich würde mal sagen, bei uns unsere Mitarbeitenden brauchen und haben eigentlich alle ein sehr hohes Maß an Selbstorganisation. Das heißt, die Selbstorganisation ist schon ein sehr wichtiger Aspekt unserer kollegialen Organisation, weil eben bei uns jetzt nicht jemand hinter mir steht und die ganze Zeit mir erzählt, was ich zu tun und zu lassen habe. Also es ist nicht so, dass jemand mir sagt, mach jetzt das, heute ist Montag, heute machst du das und morgen ist Dienstag, dann machst du das.
Das heißt, ich brauche schon ein gewisses Maß, mich selbst zu organisieren und zu gucken. Was ist meine Aufgabe hier? Was ist gerade wichtig? Ich muss schauen, was priorisiere ich? Ich spreche mich ab mit anderen Teammitgliedern und so weiter. Und dennoch haben wir natürlich auch gewisse Rahmenbedingungen. Also wir sprechen gerne oder ich spreche selber persönlich gerne von Leitplanken. Also wir versuchen, Rahmenbedingungen und Leitplanken zu erarbeiten. Und da sind wir auch gerade ganz aktiv dabei, weil wir natürlich sehr stark gewachsen sind. Und je mehr wir jetzt werden, umso wichtiger werden auch diese Leitplanken und auch die Kommunikation dieser Leitplanken. Und wir haben auch Prozesse, aber wir versuchen natürlich, diese Prozesse so gering wie möglich zu halten. Und es gibt bei uns jetzt keine Prozesse, um einfach einen Prozess zu haben, sondern wir bemerken, okay, hier läuft vielleicht irgendwas nicht ganz konfliktfrei, da brauchen wir vielleicht noch mal eine klare, transparente Kommunikation, wie wir uns diesen Prozess vorstellen.
Also so wenig Prozesse wie möglich, aber so viele wie nötig. Das ist so ein bisschen unser Motto oder unsere, damit wir eben diese Balance halten können.
Dierk
Was ich schön fand, was du eben sagtest, ist, wir haben nicht Prozesse der Prozesse wegen. Und das bedingt natürlich auch ein gewisses Menschenbild. Oder ihr braucht natürlich Menschen, die das können. Denn auch das ist etwas, was ich immer versuche, rüberzubringen in meinen Trainings. Wenn wir über Selbstorganisation sprechen, dann ist das nicht sozusagen ein Privileg. Also es ist auch ein Privileg, aber es ist eine Eigenschaft, die ein Mensch haben muss oder der ein Team haben muss.
Ich darf mich nicht auf die Selbstorganisation berufen als Team, um zu sagen, ich mache, was ich will. Also mir ist der Rest egal. Nein, also der Rest ist nicht egal. Und man muss sich auch dieses Privileg, denke ich, auch bewusst sein, dass man das auch entsprechend ausführen kann.
Da sagt ihr beiden natürlich auch, ihr müsst euren Job machen. Also kein Kunde kauft bei euch, nur weil ihr selbst organisiert oder kollegial seid. Ihr habt ein Business. Ihr habt auch, ihr habt es ja vorhin auch gesagt, Direktionsrecht. Also es gibt natürlich auch ein paar rechtliche Dinge, die ihr beachten müsst. Da kann man sich nicht einfach rausdiskutieren mit dem Motto, wir sind kollegial. Das gilt für uns nicht. Gut. Mir liegt schon seit ganzer Zeit eine Frage auf der Zunge. Nämlich das Thema Führungskraft. Ihr habt ja gesagt man kann auch sozusagen zurücktreten also man kann sagen diese Führungsrolle diese Führungsarbeit ich habe meine Erfahrung gemacht ich brauche das nicht mehr oder auch zu sagen ich kann das nicht andere können das besser das ist ja alles offen das kann man ja machen viele Führungskräfte früher brauchten ein Statussymbol wie geht ihr mit Statussymbolen für Führungskräfte um? Habt ihr überhaupt Statussymbole und wenn ja welche?
Ralf Mackowiak
Also direkte Statussymbol haben wir tatsächlich nicht, auch wenn das jetzt nur so ein Teil der Antwort bietet, aber man würde jetzt ja auch erwarten, wenn ich so an klassische Unternehmen denke, Führungskraft, Bonusprogramm, Beteiligungsprogramme, das größte Auto, der beste Parkplatz, das sind ja so die typischen Dinge, die ich zumindest mal in meiner Berufsanfangszeit im Konzern kennenlernen konnte.
Nein, das haben wir alles nicht. Also wir haben erstmal schon mal diese klassischen Instrumente verworfen. Das heißt, es gibt keinen Bonus, es gibt keine Gewinnbeteiligung. Das haben wir so nicht.
Weil wir das ja letztendlich für uns alles machen. Das heißt also, ein Teil unseres Statusdenkens ist vermutlich eher darin begründet, dass wir als Team Arineo gemeinsam erfolgreich sind. Und das ist ein anderes Denken als die Frage, ich bin eine besondere Führungskraft, stehe im starken Wettbewerb vielleicht auch mit anderen Führungskräften und bin eigentlich jeden Tag auf der Suche nach Profilierung. Das würde ich bei uns so verneinen. Also unsere Profilierung besteht darin, dass wir in Summe gemeinsam erfolgreich sind.
Es ist aber trotzdem so, und da darf man sich jetzt auch nicht ganz von freisprechen, also es gibt auch Menschen, die ja trotzdem noch eine stärkere Bestätigung suchen als diese Aussage, wir sind im Team erfolgreich. Das ist durchaus möglich, eben durch unsere stärkenorientierte Einsatzmöglichkeit in Projekten oder in internen Herausforderungen. Das heißt also, wenn ich die Challenge suche,
Dann werde ich sie finden und ich werde sie auch bekommen können, wenn ich die Voraussetzungen mitbringe. Das heißt also, mein Macht- oder Statusgefühl kann ich auch dadurch befriedigen, dass ich besondere Aufgaben übernehme. Das können besondere Projekt-Situationen beim Kunden sein, vielleicht auch der Einstieg in neue Technologien.
Das kann auch sein, herausfordernde interne Veränderungsprozesse zu begleiten und zu gestalten. Und da würde ich das eher verorten. Also dieses klassische, wer hat den schönsten Parkplatz? Da haben wir schon ganz lange gesagt, das ist auch kein Motivationsfaktor. Also das hält für eine gewisse Zeit mal stand, da freut man sich, und dann wird es eine Gewohnheit und ist es wieder weg.
Also so wäre zumindest mal meine Wahrnehmung. Ich weiß nicht, Verena, wie du es siehst, du bist ja noch nicht ganz so lange bei Arineo.
Verena Heyn
Ich habe auch gerade überlegt, aber mir fällt tatsächlich gar kein Statussymbol ein. Also wir haben gar keine Parkplätze. Wir sind total verteilt. Also unsere Standorte sind ja auch deutschlandweit. Wir haben alles von komplett remote im Homeoffice oder auch Menschen, die jeden Tag in ein Büro gehen.
fällt mir wirklich nichts ein, was in der Richtung irgendwie jemanden, ja, das habe ich so auch wirklich noch nicht erlebt bei unseren Kolleginnen und Kollegen, die die Führungsarbeit leisten, dass das für irgendwen entscheidend ist tatsächlich.
Dierk
Ja, also aus eigener Erfahrung kann ich auch sagen, das ist eine Zeit lang schön, auch stolz zu sein, ein tolles Auto zu bekommen oder so. Aber wie Reif ja auch sagte, das nutzt sich irgendwann ab. Und meine Statussymbole sind mittlerweile auch anders. Also als Solopreneur ist die Frage nach dem Parkplatz nicht wichtig für mich. Und bei mir geht es eben ähnlich. Aber ich trotzdem fand es gut, was du sagtest, Ralf. Es gibt natürlich Menschen, die suchen Herausforderung und Herausforderung ist ja auch eine Art Statussymbol, dass man im Prinzip sagt, ich kann mit neuen Herausforderungen umgehen, ich suche sie bewusst oder unbewusst und was das bei euch dann entsprechend das Status Symbol ist und auch der Punkt Menschen.
Menschen zu haben als Mitarbeitende, die genau das suchen und die genau eben nicht kommen, weil ihr am meisten Geld zahlt oder weil ihr so erfolgreich seid und man deswegen eine tolle Aktienpakete kriegt oder so. Denn das würde mich jetzt zu meiner nächsten Frage führen.
Man braucht die richtigen Menschen dafür. Wie habt ihr die Mitarbeitenden quasi vor oder bei der Umstellung eingebunden und wie bindet ihr neue Mitarbeiter ein? Es wäre ja Unsinn, jetzt ein tolles Modell zu entwerfen und dann neue Mitarbeiter zu suchen, die nach dem Firmenwagen fragen. Also insofern, Frage von mir konkret, wie war das in der Umstellungsphase und wie geht ihr damit um bei neuen Mitarbeitenden?
Ralf Mackowiak
Ich glaube, das können wir ganz gut zweiteilen, Verena. Dann würde ich den historischen Teil machen, wie sind wir hingekommen und vielleicht kannst du dann ergänzen, wo stehen wir dann heute und wie machen wir das. Ja, also man muss eine Sache, die hatte vielleicht Marko auch schon in der anderen Folge angesprochen, sich nochmal vor Augen führen. Bei Gründung von Arineo gab es zwei Kernpunkte. Das eine war, wir möchten uns Richtung Employee and Company entwickeln.
Da hat der Marko ja mit dir schon drüber gesprochen. Das andere ist, ich sag’s mal salopp, wir wollen keine Chefs. So, und da ist jetzt was ganz Komisches passiert. Jetzt muss man sich vorstellen, so ein Unternehmen ist gegründet, das Unternehmen wächst und jetzt schwingt immer oben drüber der Satz, wir wollen keine Chefs. So, und dann hat man tatsächlich irgendwann so Effekte, fünf Leute, ich sag mal hinten links, ja, die entwickeln sich in ein bisschen andere Richtung als fünf Leute oben rechts und so geht’s halt weiter.
Das heißt, wir haben auch so einen Zustand gehabt am Anfang der ARINEO, dass die Frage nach Selbstorganisation, keinen Chef haben wollen, völlig unterschiedlich interpretiert wurde. Auch darin begründet, wir sind natürlich in der IT-Branche, das sind Menschen, die sind sehr schnell und sehr gut darin, neue Sachverhalte zu erfassen, also die haben Bücher gelesen und haben festgestellt, Mensch, da ist ein tolles Buch, da lehne ich mich an. Die andere Hälfte hat ein anderes Buch gelesen, hat gedacht, dann lehne ich mich da mal an.
Das führte irgendwann dazu, dass wir nicht mehr gut miteinander arbeiten konnten, weil wir unterschiedliche Vorstellungen hatten. Da haben wir tatsächlich einmal ein Reset gemacht und haben gesagt, wir setzen jetzt ein Projekt auf mit der Zielsetzung, dass wir unsere Verabredungen gemeinsam treffen. Also was sind denn unsere Verabredungen, oder um in Verena-Sprache zu bleiben, welche Leitplanken?
Dann kam man auf die Idee, dass ich irgendwie dafür sorge, dass dieses Projekt stattfindet. Ich musste als ersten Gag sofort lachen, als ich Projekt gehört habe, weil ich sagte, Mensch, das ist ein evolutionärer Prozess. Wir können das gerne so anstarten wie ein Projekt, aber es ist nicht so, dass wir jetzt was implementieren und wir wissen eigentlich auch noch gar nicht, was wir implementieren, weil wir gar nicht wissen, was die Bedürfnisse unserer Kollegen sind.
So, wenn wir jetzt in die Falle laufen, wir nehmen uns jetzt eine explizite Methodik und rollen die aus, dann weiß ich schon, was passieren wird, dann stehen wir genau da, wo wir heute aufstehen. Also mussten wir es anders machen. Was heißt anders machen? Ja, wir haben das Projekt genannt, wir haben aber ein völlig anderes Vorgehen gewählt. Wir haben tatsächlich alle zu der damaligen Zeit Mitarbeitende befragt, was sind denn eure Hauptschmerzen im Moment? Was ist das, was euch am ehesten beschäftigt? Was fehlt euch? Wo hättet ihr gerne mehr Klarheit?
Da haben wir dann tatsächlich so eine Art Backlog aufgebaut, haben das dann von allen bewerten und priorisieren lassen und sind dann in, ja nennen wir es mal Sprints, also abgesteckte Zeitfenster losgelaufen und haben Teilaufgaben in diesen Sprints erledigt, bearbeitet.
Wie rollt man die jetzt aus? Naja, das haben wir auch nicht gemacht, sondern wir haben dann gesagt, diese Teilergebnisse, diese Atomisierung von Aufgabenpaketen, kleine Gruppen, die an Teilaspekten gearbeitet haben, die führen wir immer zusammen am Ende so eines Zeitfensters und machen daraus eine Veranstaltung und stellen allen Mitarbeitenden in der ARENIO vor, was wir gerade entwickelt haben und wo wir stehen.
Mit der Zielsetzung gibt es noch Feedback, was uns davon abhält, es auszuprobieren. Also wir benähern uns jetzt so ein bisschen dem Konsent an, so vom Denkmuster. So, und dann haben wir das so weiter gemacht und das hatte einen besonderen Effekt. Das hatte nämlich die Möglichkeit, dass die Kolleginnen bei uns aktiv mitwirken konnten.
Es waren am Ende knapp über 100, die tatsächlich in unterschiedlichen Zeitumfang, wenn wir es mal in diesem Projekt mitgewirkt haben. Es waren immer alle, die die Chance hatten, die Entwicklung zu verfolgen und Input zu geben, auch im Sinne von, das gefällt mir noch nicht, das ist noch nicht gut genug, ich habe noch eine bessere Idee, bitte nochmal neu.
Bis hin zu, das ist Verzeihung, Quatsch, das brechen wir ab, wir müssen nochmal von vorne anfangen in diesem Thema. Wenn du mich jetzt fragst, wie schafft man es, dass Menschen da mitgenommen werden können, indem man sie halt einbezieht. Deswegen haben wir das halt partizipativ gemacht.
Und auch diese Rolle dieser Projektsteuerung, die ist ganz weit weg gewesen von dem, was man in klassischen Projekten erlebt. Es war mehr ein Organisieren von Arbeit über Zeit, sodass wir zum Ergebnis kommen, wie sieht unser Modell aus, mit allem, was man dazu braucht. Ich glaube, da lag nachher auch der Erfolgsfaktor drin, dass wir eben alle mitnehmen konnten auf dem Weg und dass alle sich auch gehört fühlen konnten. Jetzt ist es aber tatsächlich so, das ist ja dann ganz gut, ja, jetzt sind wir mittlerweile bei 400, die Mitarbeitenden. Die Kolleginnen kennen das jetzt, aber wir wollen weiter wachsen. Und wie kriegt man das jetzt transportiert und was heißt das? Und ich glaube, da kann die Rina noch ganz gut was zu ergänzen.
Verena Heyn
Ja, also wir starten damit eigentlich schon im Recruiting-Prozess. Also ich habe gerade zu Beginn habe ich da unterstützt viel und da wird schon deutlich, dass in den Recruiting-Gesprächen, also in den Vorstellungsgesprächen, Bewerbungsgesprächen ist das Thema kollegiale Organisation immer verankert. Das heißt, wir berichten auch da schon in diesen ersten Gesprächen, was macht uns eigentlich aus. Also EOC ist ein Thema und aber auch die kollegiale Organisation. Und tatsächlich stoßen wir da sehr viel, sehr oft auf positives Feedback.
Und wenn man dann, ich habe jetzt einige Kolleginnen, die ich dann sozusagen eingestellt habe, wo ich bei diesen Gesprächen dabei war, wenn ich die dann mal wieder getroffen habe oder wir haben uns darüber ausgetauscht, dann haben die auch häufig gesagt, naja, also ich hatte noch ein anderes Angebot, aber dieses Thema kollegale Organisation, das hat mich gecatcht, das hat mich interessiert.
Und das heißt, alle, die zu uns kommen, haben das irgendwie schon mal gehört und haben in diesem ersten Gespräch schon mal Infos dazu bekommen. Dann haben wir einen, wie ich finde, sehr gut organisierten Onboarding-Prozess. Das heißt, es gibt immer einen Onboarding-Tag, wo alle neuen Kolleginnen und Kollegen in unserem, in Göttingen, unserem Hauptstandort erstmal einen Tag gemeinsam verbringen. Auch ganz egal, wo sie später mal arbeiten, also die kommen alle einmal an diesem ersten Tag zusammen.
Und da gibt es dann verschiedene Infos schon und auch eine gewisse Schulungsstruktur. Abends geht man zusammen essen. Das heißt, da ist so ein erstes Ankommen. Und dann gibt es auch eben so eine, ich sag mal, so eine klassische erstmal so eine Schulung, kollegale Organisation. Das ist erstmal natürlich wichtig, um überhaupt Infos erstmal klar zu machen, worum geht es uns hier, was gibt es überhaupt für Rollen.
Und dann haben wir auch ein Mentorenprogramm, das heißt, jede neue Kollegin, jede neue Kollege bekommt einen Mentor an, eine Mentorin an ihrer oder seiner Seite. Und das ist natürlich auch Aufgabe dieses Mentors, sozusagen das, was die dann in dieser Schulung erstmal theoretisch, weil es ist auch erstmal sehr komplex, also auch für mich zu Beginn, es ist erstmal ein komplexes System.
Um das wirklich zu verstehen und auch im Arbeitsalltag zu verstehen, da sind dann eben die Mentorinnen gefragt, dass die da eben zur Seite stehen, Fragen beantworten und haben auch ein gutes Intranet, das ist da auch alles beschrieben, aber klar, wir wissen, das mit dem Lesen und dem wirklichen Umsetzen und Verstehen, das sind nochmal zwei Paar Schuhe.
Und ansonsten haben wir natürlich auch immer Ansprechpartnerinnen. Also man kann jederzeit uns, Ralf und mich ansprechen, Fragen stellen. Wir versuchen eben auch da, wo wir mitbekommen, dass es da noch Unklarheit gibt, zu unterstützen. Und deswegen ist es so ein, ich glaube, es ist auch einfach ein Prozess, bis man so diese ganzen Bausteine wirklich verinnerlicht hat.
Dierk
Das kann ich mir auch vorstellen denn man kann ja niemanden oder man hat wenig Ansprechpartner außerhalb. Also junge Menschen sind mit dem Studium durch, da haben sie irgendetwas gelernt. Sie werden selten etwas über kollegiale Organisationen lernen in ihrem Studium. Dann fragen sie ihren Vater, sie fragen ihre Mutter, sie fragen den Onkel, sie fragen wen auch immer. Und die werden alle erzählen. Ja, das sagen die nur so, aber das machen die bestimmt nicht. Das wird so nicht funktionieren. Also denke schon, dass so Mentoren und Austausch und Entwicklung, also auch das Verständnis aufbauen, dass das ein wichtiger Punkt ist.
Dierk
So, das kostet alles viel Geld. Das könnte man als Eindruck haben. Also der Onboarding-Prozess nicht, das glaube ich nicht. Aber das sollte überall so sein. Aber das Thema abstimmen, sich austauschen, Menschen ausbilden. Menschen lernen ja etwas, gehen aus einer Rolle wieder raus. Dann ist dieses Wissen ja verloren. Also soll es ein bisschen ironisch klingen. Also ich will es ein bisschen auf den Punkt bringen. Welche Vorteile habt ihr bei Arineo? Warum macht ihr das?
Ralf Mackowiak
Ja, warum machen wir das? Also, am Ende geht es um letztendlich Wettbewerbsfähigkeit. Auf der einen Seite als Unternehmen, auf der anderen Seite, ja, wir sagen so ein bisschen landläufig immer, Leute sollen bleiben wollen. Das heißt, die Menschen, die zu Arineo kommen, dass sie eben ein Umfeld haben, wo sie gerne arbeiten, wo sie sich selbstwirksam einbringen können, wo sie das Erlebnis auch haben, sie sind halt nicht ein Rädchen in irgendeinem Uhrwerk, sondern sie sind Teil von Team Arineo und tragen ihren Beitrag dazu bei, dass das Ganze funktioniert. Wenn ich das jetzt so sehe, dann habe ich halt auf der einen Seite Vorteile, wir sind in einem umkämpften IT-Dienstleistungsmarkt, also das muss man uns nichts vormachen.
Ich glaube, dass wir sehr beständig sind. Wir haben eine Fluktuationsrate zwischen zwei und fünf Prozent. In der IT-Branche sind wir mittlerweile bei 20 angekommen. Das heißt, alle drei Jahre wird das Unternehmen durchgetauscht und nochmal durchrechnet.
Das haben wir nicht. Damit habe ich eine gute Bindung beim Kunden. Ich habe ein hohes Vertrauen bei unseren Kunden. Ich habe eine dauerhafte Beziehung, teilweise bis hin schon halb familiär. Also Beraterinnen von uns besuchen Kundenmitarbeitende, wenn sie in der Nähe sind und gar nicht wegen dem Projekt, sondern wenn man sich mal wieder sehen möchte und abends mal ein Bier und eine Pizza isst.
Also diese Dimensionen haben wir da drin. Das heißt, wir sind stabiler Richtung Kunde, Qualität ist besser, dauerhafter. Auf der anderen Seite bieten wir damit auch einen Raum, wo Menschen gerne unterwegs sind.
Heißt aber auch, um vielleicht auch mal auf die vorherige Frage zurückzukommen, das ist auch nicht so, dass es jetzt für jeden passend sein muss. Muss man fairerweise auch sagen. Also ich hatte auch schon Gespräche mit eher so, ich sag mal, gegen Ende 20 seienden Beraterinnen, die sagten, also Ralf, ich versteh dich, das ist mega spannend, was ihr da macht. Ich sehe die ganzen Vorteile, tolle Entscheidungsmöglichkeiten, ich kann mich einbringen.
Alles super. Aber mein Thema ist im Moment, ich möchte meine Vita aufpumpen. Da muss stehen Direktor von irgendwelchen Großunternehmen. Und ich hätte gerne obere sechsstellige Gehälter im Jahr. Das ist mein Ziel für die nächsten fünf Jahre. Weil ab dann möchte ich mich vielleicht der Familiengründung hingeben. Die zehn Jahre nutze ich aber noch. Bis dahin. So, und das haben wir auch. Das heißt, wir müssen schauen, dass wir attraktiv sind am Arbeitsmarkt. Es ist aber auch so, dass wir wissen, wir werden auch nicht hin erreichen können. Aber mit unserem Modell haben wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Man darf ja nicht vergessen, Arineo ist gerade eben fünf Jahre alt geworden.
Und wir sind auf 400 Kolleginnen angewachsen in der Zeit. Also wir sagen, das spricht scheinbar dann ja für sich, dass unser Ansatz zu sagen, wir gucken auf den Menschen, wir setzen den Menschen im Mittelpunkt, obwohl wir ein Wirtschaftsunternehmen sind und auch hoch erfolgreichen Kundenprojekten sein wollen, dass diese Kombinatorik ein besonderer Schlüssel ist. Auch wenn es vielleicht nicht alle anspricht, aber das ist auch nicht schlimm. Jeder Jack ist anders, wie man so schön sagt. Und da stehen wir auch zu.
Verena Heyn
Und vielleicht ergänzend dazu noch, ich finde es auch spannend, wie schon angedeutet, wir haben ja für die VertragspartnerInnen, haben wir ja so ein Verfahren, ein Development Center, was wir machen, was Ralf eingangs erklärt hatte. Und da beschäftigen wir uns eben auch nochmal mit diesen Themen, auch ein bisschen in der Tiefe. Und ich hatte da jetzt. Ich würde fast sagen, bei mindestens der Hälfte der Menschen, die ich da in diesem DC hatte, kam das Thema, ja, ich bin hier wegen EOC und KO. Also das ist für mich einer der wichtigsten Argumente gewesen herzukommen, weil ich habe schon einen Merger erlebt und ich habe schon einen Verkauf erlegt. Also das ist auch diese Kombination aus EOC und kollegaler Organisation. Also die kommen, weil sie genau das erlebt haben oder weil sie aus einer ganz furchtbaren Führungsstruktur kommen und gesagt haben, ey, da habe ich wirklich keine Lust mehr drauf. Also ich hatte so einen schrecklichen Chef oder ich bin da überhaupt nicht weitergekommen, da war so viel Politik im Spiel, ich hatte da keine Chance und jetzt habe ich das erlebt oder ich habe das gehört. Und deswegen bin ich hier. Das heißt, ich glaube, wir sind da wirklich, wir bauen uns da was sehr Zukunftsfähiges auf, weil es ist ein Arbeitnehmermarkt, also die Leute können sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen und jetzt kommen ja auch Generationen sozusagen auf den Arbeitsmarkt, die sagen, ja,
Schön und gut ist viel Geld oder Status-Symbole, wo wir bei dem Thema wieder waren, das ist für die völlig uninteressant. Die kommen, weil die sagen, ich will mich selbst verwirklichen, ich habe Lust zu arbeiten, ich habe Lust mich zu engagieren, aber ich will auch leben her, keine Ahnung, ein Haus bauen, Kinder kriegen und auf meine Gesundheit achten und Freizeit haben. Und da bieten wir, glaube ich, echt einen guten Platz zum Arbeiten, wo genau das möglich ist.
Dierk
Ja, und mit einer Fluktuationsrate von 2-5% könnte er auch mit John Strelecky sehr gut konkurrieren. Bei dem Big Five for Life, der hat gleich in seiner Rechenfunktion im Buch ja auch was von 5% und führt ja auch vor, rechnet ja auch vor, welche wirkliche wirtschaftlichen Vorteile das bringt. Und das andere, was ich jetzt nochmal ergänzen würde zu dem, was ihr gerade gesagt habt, Mitarbeiter könnt ihr binden es macht Spaß bei euch zu arbeiten wunderschön aber ich denke auch nicht nur ich denke ich bin sicher dass die Kunden das auch erleben als Vorteil weil nicht andauernde Ansprechpartner wechselt wenn man ganz genau weiß man kann sich in der Mehrzahl der Fälle es wird Ausnahmen geben in der Mehrzahl der Fälle darauf einstellen dass dieser Kollege diese Kollegin ist aber noch in ein zwei Jahren da ist und wenn die dann irgendwas anderes macht dann wird es jemand anders geben, der da genauso mit einsteigt im Sinne von Team Arineo. Ja. Mhm.
Ralf Mackowiak
Genau, das ist letztendlich ja auch der Effekt und wenn du das halt bei anderen Beratungshäusern siehst, da hast du ja innerhalb einer Projektlaufzeit von drei Jahren teilweise viermal die Mannschaft gewechselt, das muss man ja fairerweise mal sagen. Das ist bei uns zwar auch so, genau wie du es vermutet hast, dass der ein oder andere mal auf ein Projekt geht oder es auch wieder verlässt, das gibt es, aber das Kernteam ist meistens extrem stabil und die Kundenbeziehung, die da entsteht,
Das hat es ja vorhin schon angedeutet, dass wir schon im familiären Umfeld. Also, kommst du bald mal wieder mich besuchen? Also, solche Sprüche fallen da. Und das ist letztendlich ja auch das, wofür wir stehen wollen. Also, es geht ja am Ende um Menschen. Es geht ja um Menschen, es geht um Beziehungen zwischen Menschen. Und zumindest mal aus meiner Sicht sehe ich überhaupt keinen Unterschied, ob das ein Menschkunde ist oder ein Mensch, jemand, der bei Arineo arbeitet. Das sind alles Menschen. Genau.
Dierk
Und keine Ressourcen. Also das als kleiner Seitenhieb auf Personaler oder auf Menschen, die Menschen als Ressourcen betrachten.
Sehr gut. Ich habe ja zum Eingang schon gesagt, dass ich es schön finde bei euch, was ich ebenso mitbekommen habe von außen, dass ihr selbst euer Modell aufgebaut habt. Viele Dinge, die ihr berichtet habt, kann man sich aus anderen Dingen herausziehen. Du hast ja auch gesagt, Ralf, der eine Kollege hat das Buch gelesen, der andere hat das Buch gelesen. Gibt es ein paar bestimmte Tools oder Methoden, die euch wirklich sehr gut geholfen haben, diese kollegiale Organisation umzusetzen?
Ralf Mackowiak
Ich denke, erstmal geht es um eine Grundhaltung. Also wir sind dem Ganzen erstmal ergebnisoffen. Haben wir uns dem genähert und haben gesagt, okay, wir finden raus im Prozess, was wir überhaupt brauchen und was für uns gut ist. Ich glaube, das ist schon mal eine ganz wichtige Aussage. Also erstmal diese Grundhaltung zu haben. Es ist schon so, es gibt ja andere, die haben sich auch gute Gedanken gemacht. Also wenn ich jetzt an Bernd Österreich denke zum Beispiel mit seinen Büchern, da sind echt gute Gedanken drin. Da muss ich fairerweise sagen, da haben wir auch einen Teil von adaptiert. Aber wir haben es nicht eins zu eins umgesetzt. Nein, haben wir nicht. Es ist auch so, ich habe mal ein bisschen länger mit Christian Rüther das Vergnügen gehabt, mich über Konsent auszutauschen. Er hat ja auch so ein schönes Büchlein geschrieben über Konsent-Moderationen und wie man das alles macht. Das haben wir auch adaptiert.
Aber auch nur in Teilen wieder. Weil die vollständige Konsentmoderation ist doch echt für unsere alltägliche Arbeit zu umfangreich. Also wir haben es halt ein bisschen eingedampft, aber kommen halt zu ähnlichen Mechanismen. Und so geht das halt weiter. Also das will sagen, wir haben aus verschiedenen Sachen Impulse aufgenommen oder auch Erfahrungswerte aus unserer Arbeitszeit, die wir so alle schon hatten, aufgegriffen und eingearbeitet. So und dann ist am Ende dieser beliebte Webteppich rausgekommen, der halt tatsächlich uns passt. Aber wenn man in der Analogie bleiben will, der passt auch echt nur auf unser Sofa, auf kein anderes. Genau da passt der Teppich drauf. Das muss man sich halt auch klar machen. Deswegen gehen wir auch tatsächlich sehr offen damit um, weil Kopieren funktioniert nicht. Also da sind wir uns sehr, sehr sicher, das funktioniert nicht. Und wir würden auch jedem, der in eine ähnliche Richtung einschlägt, eher anraten, hört auf euch, hört auf eure Kolleginnen, wo knirscht es, wo ist Verbesserung möglich und was macht das dann mit den Menschen.
Also sonst klappt das nicht. Was ganz putzig ist, weil immer eine andere Erkenntnis, also die Anekdote, die kann ich mir leider nie verkniefen. Da gab es dann auch das mit dem New Work. Das kann man ja so ganz viel lesen irgendwo. Und da bin ich auf so ein Buch von Carsten Chebuli gekommen, der New Work Utopia, wo er so ein bisschen beschreibt, so wäre das vielleicht kritisch idealtypisch, kritisch idealtypisch.
Und dann habe ich das alles so abgehakt. Ja, haben wir, haben wir auch, haben wir auch. So ging es weiter. Und dann ist uns erst bewusst geworden, wir haben tatsächlich auch Elemente eingebaut, aufgegriffen, die man dem New Work eigentlich zuschreiben würde. Und man könnte es fast überspitzen. Carsten hat es ja letztens selber mal gesagt. Also wir machen auch New Work, ohne dass wir es bewusst machen wollten. Und spätestens daran merkt man, man muss aus der Bedarfsorientierung gucken. Also für uns waren Dinge wie, Verena hat es ja schon angedeutet, verteilt halt über mehrere Standorte. Das ist als IT-Dienstleister völlig normal. Bei uns steht im Arbeitsvertrag, also sinngemäß, du arbeitest da, wo der beste Ort ist, die Arbeit durchzuführen. Das steht da drin, immer schon.
Nicht weil wir New Work machen wollten, sondern weil wir IT-Dienstleister sind. Also es ist je nach Phase meiner Arbeit völlig irrelevant, ob ich mit dem Campervan auf dem Campingplatz stehe und mein Konzept schreibe. Wenn das der richtige Weg ist, für den Tag zu einem guten Ergebnis zu kommen, dann kann ich das machen. Es gibt aber genau andere Sachen, da muss ich zum Kunden hin, da muss ich vor Ort zu Kollegen, die kann ich nicht klären, indem ich das mit Homeoffice mache. Also diese Mechanismen, Arbeitszeitkonten, das ist für uns völlig selbstverständlich. Heißt auch, wir haben ein Arbeitszeitkonto, wir haben sogar ein Lebensarbeitszeitkonto mittlerweile, wo man schon ansparen kann für seinen Austritt aus der Arbeitswelt. Wir haben auch Mechanismen, plus 40 Stunden, minus 40 Stunden, das ist der Normalbereich. Das heißt, damit habe ich die Flexibilität von einer Woche ansparen immer. Und ich habe aber auch eine Woche ins Minus gehen, wenn es mal irgendwie, Irene sprach über Kinder, ich habe zufällig auch welche, wenn es dann mal richtig heiß hergeht, dann gehe ich halt ins Minus. Das ist zwar nur Work teilweise, vom Gedanke, aber das hat mir nie so verortet. Und das fand ich halt eigentlich ganz spannend am Ende.
Und es unterstreicht auch nur, jeder muss schauen als Unternehmen, was passt zu einem. Alles andere halte ich für nicht gut. Ich habe auch Austauschen mit anderen Unternehmen gehabt, wo Unternehmensberater beauftragt worden sind, eine Methode zu implementieren, ein Denkmuster zu implementieren, und das ist alles gnadenlos gescheitert. Ja, weil halt die Menschen nicht beteiligt waren. Es wurde von außen entschieden das zu tun. Das ist aber was völlig anderes. Ich weiß nicht, Verena, ich habe jetzt sehr breit das Feld aufgemacht, aber wie siehst du es?
Verena Heyn
So wie du sagst, genauso. Also ich glaube, es ist vieles selbstverständlich, wo andere eben lange Diskussionen brauchen, ob man das jetzt einführt oder nicht. Was ich halt mitkriege natürlich hier von Freunden, jetzt sollen sie alle wieder ins Büro kommen. Das ist ja so eine ganz heiße Debatte gerade, wo dann jetzt irgendwie erstmal alle Führungskräfte wieder in die Büros sollen, in der Hoffnung, dass dann die wiederum ihre Mitarbeitenden wieder in die Büros holen. Und ja, ich habe Freunde, der fährt jetzt jeden Tag eine Stunde ins Büro und führt da Teamscalls durch, den kompletten Tag mit seinem Team, was im Homeoffice sitzt, um dann wieder eine Stunde mit dem Auto zurückzufahren. Das ist für mich so absurd und das würde bei uns einfach niemals passieren. Also es wird das getan, was sinnvoll ist und nicht das, was irgendein Konzertchef jetzt will.
Dierk
Ich wollte gerade sagen, ja. Ja. Ihr habt ja auch Prozesse, nicht um Prozesse zu haben, sondern okay.
Ja, ja, ich bin auch mal gespannt. Also das wird ja nicht eintreten, aber ich wäre mal gespannt rein hypothetisch, was ein Arbeitsrichter zu eurer Formulierung sagte, wie er sich das so vorstellt, wenn es darüber mal Diskussionen gäbe. Ja, also weil das ist ja ziemlich auch wieder selbst organisiert. Also die Entscheidung Reif, die hast du erläutert.
Die kann man jedem vernünftig denkenden Menschen erläutern. Also es gibt Dinge, die muss man beim Kunden besprechen oder die muss man mit Kollegen gemeinsam in Präsenz besprechen. Und es gibt Dinge, da braucht man am besten gar keinen zu, um nicht gestört zu werden. Und genau das lebt ihr, das organisiert sich selbst, aber passt vielleicht nicht immer in juristische Beschreibungen. Oder?
Ralf Mackowiak
Ja doch, also passend tut das schon. Also wir haben auch tatsächlich wie jedes andere Unternehmen so Dinge wie Reiserichtlinien. Wir haben wie jedes andere Unternehmen, allein weil wir als Dienstleister Rechnung schreiben müssen, Zeiterfassung. Da steht auch drin, wo ich das erfasst habe. Das haben wir da drin. Wir haben auch Urlaubsregelungen, wir haben auch Arbeitszeit- und Arbeitsortregelungen, an was man dabei denken und beachten muss. Auch die Arbeitsorte unterliegen natürlich den typischen Arbeitssicherheitsanforderungen und so weiter. Das haben wir auch, natürlich alles, aber das ist am Ende, wenn du mich jetzt fragst, wäre das für mich im Hintergrund. Das ist halt mit geregelt, steht aber nicht im Vordergrund. Im Vordergrund steht, ich habe den Raum, für mich als Berater zu entscheiden, wo kann ich heute am besten meine Arbeit durchführen. Und das Drumherum, was dahinter steckt, das ist einfach geregelt. Da muss ich mich nicht mit beschäftigen. Und ich glaube, das ist ein Unterschied, weil ich höre sonst auch immer sehr häufig, da muss ich erst die Policy lesen, bevor ich entscheiden kann, ob ich jetzt mit dem Campervan auf den Campingplatz fahre und da einen Kreativtag mache. Bei uns würde man es andersrum machen und sagen, ich stelle mir vor, mit dem Camper auf dem Parkplatz zu fahren, einen Kreativtag zu machen, weil ich ein Konzept schreiben muss, spricht etwas dagegen. Das geht genau andersrum. Ja, genau.
Dierk
Und es spricht etwas dagegen, wenn ich abends mit dem Camper wieder nach Hause fahre und kein Konzept geschrieben habe, weil ich nicht organisiert war, weil ich es weil ich mich habe ablenken lassen und das sollte mir nur einmal passieren.
Ralf Mackowiak
Ja, aber selbst wenn das eintritt, ich meine, das kennen wir ja auch alle. Also da denkt man, man hat heute den kreativsten Tag der Welt, dann stellt man fest, den hat man nicht. Also dann habe ich halt flexible Arbeitszeitmodelle, die ich jetzt in Anspruch nehmen kann. Da muss ich jetzt auch fair sein, das ist auch eins unserer Werte, fair, gleich und gerecht. Da muss ich den Tag sonst auf Überstunden buchen oder auf Urlaub. Also wenn ich nichts Produktives gemacht habe, kann ich jetzt nicht in Anspruch nehmen, das als Arbeitszeit zu buchen. Aber das ist halt für mich dann eher eine Haltungsfrage als eine Frage von rechtlichen Regelungen. Die hängen da zwar hinter. Aber im Vordergrund geht es um die Haltung.
Dierk
Du hast einen Punkt eben angesprochen, der lag mir schon auf der Zunge oder lag mir auch schon in Gedanken, nämlich die Beratung. Du hast davon gesprochen, dass du mit
Und das, was ihr selbst entwickelt habt, meine Einschätzung ist, ihr habt da ja sehr viel Verantwortung übernommen. Und wenn das nämlich in die Hose geht, dann seid ihr diejenigen, die das verbockt haben, die das nicht zu Ende gedacht haben. Natürlich werdet ihr euch auch da Unterstützung geholt haben, aber ihr habt die Verantwortung dafür übernommen, das umzusetzen, weil ihr auch gesagt habt, wir machen das so, wie es für uns passt.
Und diese Verantwortung, die kann man ja nicht delegieren. Also natürlich kann man sie delegieren, aber dann geht es in die Hose. Man hat dann nämlich den Schuldigen, nämlich den externen. Und insofern kannst du vielleicht nochmal ein bisschen erläutern, wie umfangreich eure wirklich externe Unterstützung war, außer Bücher zu lesen. Okay.
Ralf Mackowiak
Ja, kann ich. Also man kann es auch in einem Satz schon beantworten. Null. Ich kann auch sagen, warum. Also wir haben auf der einen Seite den Effekt gehabt, dass viele von uns ja schon sehr lange im Berufsleben sind, viele Impressionen und auch Erfahrungen mitgebracht haben. Das andere ist, wir haben auch, wenn man das nach außen jetzt aussprechen würde, eigenes Personal für solche Fragen aufgebaut. Also wenn man das jetzt mal hart formulieren würde, wären jetzt Verena und ich zum Beispiel.
Also wir sind auch unter anderem dafür da, dass wir das tun. Was viel schlimmer war, wir haben keinen gefunden, der das kann. Also ich habe mit ganz vielen Beratern gesprochen, die hohes Interesse hatten, die sagten aber, du, ich möchte fair sein, also mein größter Case ist ein Unternehmen mit 20 Leuten, dann kam der nächste Jahr mit 50 und dann pendelte sich das irgendwann ein.
Die Praxiserfahrung war eher so im Bereich von unter 60, unter 70 Mitarbeitern in einem Unternehmen, wo Berater für so eine Transformation unterstützt haben. Das heißt also, es gab kein vergleichbares Praxisbeispiel zu der Zeit. Wir haben keins gefunden. Das ist dann natürlich doof und dann dachte ich irgendwann, Mensch, es muss aber noch auch andere Unternehmen geben, die die gleiche Frage haben.
Dann haben wir den Weg halt anders gestaltet. Wir haben uns vernetzt mit anderen Unternehmen, die zwar nicht alle so groß sind, aber auch schon ganz schön. Mit denen im Austausch dann konkrete Sachen besprochen. Also wie geht ihr mit der Situation um? Habt ihr diese Erfahrung auch gemacht oder umgedreht kamen? Wie habt ihr das gelöst? Warum ist das bei euch so? Was? Irgendwie habe ich das noch nie gesehen. Wie seid ihr da hingekommen?
Das will sagen, wir haben eigentlich den Facilitator gedreht über unterschiedliche Unternehmen. Das ist eigentlich nachher für uns der Trick gewesen, um da noch mal einen ganz anderen, ja, wie soll ich sagen, Impuls zu bekommen, Benchmark zu bekommen. Wo stehen wir denn überhaupt? Das ist jetzt bitte nicht negativ den Beratern da draußen gegenüber gemeint. Es ist eher so, es gibt scheinbar noch zu wenig Pioniere in dem Umfeld. Das ist einfach so.
Dierk
Und die Frage ist ja immer, du hast ja gesagt, nicht negativ den Beratern gegenüber. Also ihr habt denen ja eine Chance gegeben. Also wenn es jemand gegeben hätte, der das schon mal für ein Unternehmen mit 200 Leuten gemacht hätte, dann hättet ihr wahrscheinlich gesagt, ok komm, dann versuchen wir uns da eben Unterstützung zu holen.
Aber wichtig, glaube ich, ist immer diese Sicht auf, wer ist verantwortlich dafür. Und ich kann diese Verantwortung eben, wenn ich ein Ziel erreichen will, die muss ich mir selber zuschreiben. Ich kann mir Unterstützung holen. Also ihr könntet euch Unterstützung holen von Beratern. Und ihr habt dann den Weg gewählt, euch eher in Richtung Mastermind zu gehen. Also sich auszutauschen mit Menschen, die die gleiche Herausforderung haben. Mit Unternehmen, die die gleiche Herausforderung haben. Und auf dieser Ebene ja vielleicht nicht Expertise einzukaufen, sondern Austausch einzukaufen und Expertise auch auszutauschen. Also nicht nur einzukaufen, sondern auch auszutauschen.
Ralf Mackowiak
Ja, richtig. Und vielleicht eher so, ich sage mal Praktikerinnen zu Praktikerinnen.
Erstaunlicherweise ist vieles, was wir uns überlegt haben, da gibt es tatsächlich wissenschaftliche Modelle auch für. So ist das nicht. Aber die haben wir nie in den Vordergrund gestellt. Wir haben immer gesagt, wir brauchen für die Praxis eine Lösung, weil wir wissen, wie unsere Praxis aussieht. Und dann kam erst die, ich sag mal, die Herleitung in Modellen.
Und in Einzelsituationen haben wir sehr wohl mal mit Beraterinnen uns ausgetauscht und gefragt, wie schätzen Sie das ein? Wie belastbar ist das, was wir da gerade tun? Aber das war dann wirklich ausschnittsbezogen und nicht, nennen wir es mal, Gesamttransformation bezogen.
Dierk
Habt ihr mal gemessen, wie viel flexibler und innovationsfähiger ihr geworden seid? Das ist mal so eine richtige Knallerfrage zum Schluss wollte ich gerade sagen. Also wir nähern uns ja dem Ende dieser Stunde. Also kann man das überhaupt messen?
Ralf Mackowiak
Ja, das ist ein guter Punkt. Das ist ein guter Punkt. Also, die Frage haben wir uns mal gestellt, haben es aber dann verworfen. Also, echte Messpunkte schwer zu beschaffen. Das ist so der eine Punkt. Das andere ist vielleicht eher, ich würde eher in das alltägliche Erleben reflektieren. Für mich ist immer halt das Projekt der Alltag der Arenio, also Projekte bei Kunden.
Und wenn ich mir angucke, mit welcher Eigendynamik und Selbstorganisation die durchgeführt werden und wie wenig in Anführungsstrichen Eskalation in die Breite stattfindet.
weil die Lösungen nämlich in dem Projektteam schon längst geschaffen worden sind, die richtigen Entscheidungen schon längst getroffen worden sind, dann würde ich das als Kriterium nehmen und ich würde sagen, da sind wir im Vergleich zu dem, was ich in klassischen Strukturen kenne, also doch ein Stück besser, würde ich sagen, aber deutlich ein Stück besser sogar.
Also ich höre nicht so viel mehr… Jetzt brauchen wir mehr Augen, mehr Ohren, irgendwas läuft hier schief. Sondern ich erlebe eher Teams, die Verantwortung übernehmen und Probleme lösen. Und zwar genau da, wo sie entstehen. Was ja auch der Sinn und Zweck des Ganzen am Ende war. Gute Entscheidungen in Gruppen, in Teams, da wo Herausforderungen auftauchen. Und nicht eben dieses alte Muster, ich reiche weiter an.
So würde ich das vielleicht beschreiben. Aber wenn du mich jetzt nach harten Zahlen fragst, könnte ich jetzt so nicht sagen. Das Einzige, was wir tatsächlich uns mal hochgerechnet haben, ist die Annahme, wie viel mehr Arbeit ist die Kommunikation in so einem System im Vergleich zu einer klassischen Hierarchie.
Also in der reinen Hochrechnung liegen wir genauso aufwendig oder genauso wenig aufwendig wie klassische Organisationen, weil auch ein Vollzeit-Abteilungsleiter will bezahlt werden, ein Vollzeit-Teamleiter will bezahlt werden, ein Vollzeit-Bereichsleiter will bezahlt werden und jetzt kann man mal so ganz kurz nochmal überlegen, wie sehen so Bereiche in Unternehmen aus, wie für Vollzeit-Führungskräfte, also die, die nur für Führung da sind, haben wir denn da? Und wenn ich das in FTE umrechne und dann wiederum mit uns vergleiche, mit der verteilten prozentualen, mit den prozentualen Anteilen, dann würde ich sagen, das ist ähnlich. Da ist nicht mehr. Das ist nur vielleicht ein Tick anstrengender, weil nicht immer so eindeutig. Ja. Habe ich jetzt die Frage beantwortet oder war das jetzt der Punkt, wo die Antwort in der Frage vorbei ging, Dierk?
Dierk
Nein, ich bin ja immer am Überlegen, welche Fragen kann ich stellen, welche Fragen kann ich nicht stellen. Und ich entsinne mich an eine Aufnahme, das ist noch gar nicht so lange her, da ist mir auch mittendrin eine Frage eingefallen, der oder dem Gast gestellt und die musste ich nachher rausschneiden, weil sie unpassend war. Das war wirklich mal ein Punkt, wo ich wirklich was rausgeschnitten habe, weil die Frage, das ist mir dann im Prinzip, als ich die Frage gestellt habe, ist mir schon eingefallen, was es so gut ist, weiß ich nicht. Und hier fand ich es aber mal gut, weil ich, also ich habe eine gute Antwort erwartet und die gute Antwort heißt ja nicht, ja, du hast recht und genau das ist, also es muss ja nicht richtig und falsch sein, das ist ja auch so meine Sicht, es gibt nicht richtig und falsch, es gibt passt und passt nicht. Das ist auch das, was aus euren Erzählungen herausspricht.
Dierk
Zum Schluss kommt bei mir immer noch mal die Frage gibt es noch irgendwo so einen Tipp den du oder in diesem Falle den ihr geben könnt. Eine Art Zusammenfassung, eine Art Ausblick, eine Art Schlusswort, wo ihr sagt das ist das was ich gerne in diesem Podcast, in dieser Episode als Schlusswort stehen lassen möchte. Verena hast du was?
Verena Heyn
Ja, mir kam gleich direkt ein Gedanke, weil ich das auch in vielen Gesprächen mit Menschen außerhalb unserer Organisation so erlebe, dass die erstmal sehr kritisch sind und wirklich so, ja, aber wie soll das funktionieren? Und deswegen finde ich, für mich ist so das Wichtigste einfach mal machen und ausprobieren. Also sich von diesem alten Denken muss dann, es muss doch einen Chef geben und es muss doch eine Person geben, die die Verantwortung trägt. Wir haben schon viel über Verantwortung heute gesprochen und ich finde bei uns ist eben auch ein wichtiger Punkt.
Es geht nicht den einen verantwortlich, sondern wir arbeiten in Teams und da ist das Team verantwortlich und wir treffen gemeinsam eine Entscheidung. Und deswegen ist für mich so ein wichtiger Aspekt. Ich finde es super, dass wir so viel ausprobieren, dass wir uns aber auch nicht festlegen, dass wir jetzt nicht sagen, das ist jetzt die kollegale Organisation und die wird jetzt immer so bleiben, sondern wir sind immer dabei zu gucken, okay, was läuft gerade gut? Wo müssen wir nachschärfen? Wo braucht es noch mehr?
Erklärung, wo braucht es noch mehr Leitplanken? Was können wir oder müssen wir verändern? Und wer weiß, was in fünf Jahren ist? Keine Ahnung, wie groß wir dann sind. Keine Ahnung, ob wir dann die kollegale Organisation 2.0 haben. Die sieht vielleicht wieder anders aus als die, die wir heute haben. Deswegen ist es einfach ein sich veränderndes Modell, ein Prozess, in dem wir uns befinden und alle, die Lust haben, das auszuprobieren, würde ich sagen, ja, einfach mal loslegen und sich von diesen alten Hierarchien, Denkmustern irgendwie lösen.
Dierk
Sehr schön. Dann kommentiere ich das jetzt auch nicht mehr, weil das war auch ein schönes Schlusswort und ich würde einfach mal sagen, jetzt kommt mein kleiner Abgesang hier, denn das war jetzt die 29. Episode und ich freue mich auf deine Fragen, auf deinen Feedback. Du kannst mir Kommentare unter die Episode schreiben und den Link findest du auf dem Blog mit den Podcast Episoden mittlerweile transkribiere ich ja auch die Episoden, d.h. auch da kannst du mir einfach ein Feedback geben und vielleicht hast du auch Fragen, die ich klären kann, dass wir mit neuen Gästen starten, dass wir vielleicht auch Verena und Ralf nochmal einladen, weil so viele Fragen auf mich einprasseln, dass ich die weitergeben kann, denn ganz wie der Untertitel verspricht, kleine Nadelsteche für ein lebendiges und erfolgreiches Business. Vielen Dank Verena, vielen Dank Ralf.
Verena Heyn
Danke auch.
Ralf Mackowiak
Vielen lieben Dank, Dierk