Training Within Industry – Kleine Impulse, große Wirkung

Titelbild Podcast Business Akupunktur

Götz Müller über den Anspruch an Lehrende/Ausbilder

Wenn der Schüler nicht gelernt hat, hat der Lehrer nicht gelehrt.

Götz Müller über Veränderungsbereitschaft

Was ist denn die häufigste Antwort, wenn ich frage, warum denn irgendwas so und nicht anders gemacht wird? Dann ist die häufigste Antwort, das haben wir schon immer so gemacht.

Götz Müller über TWI in Deutschland

Es [TWI] ist Teil der deutschen Meisterausbildung geworden. Im Kern ist diese Arbeitsunterweisung eine sogenannte Vierstufen-Methode. Und wenn man einen Industriemeister oder einen Handwerksmeister bei uns fragt, schon mal was von der Vierstufen-Methode gehört, dann sagt er ja klar.

Götz Müller über das "Warum"

Ich will dich gut unterweisen, das sind die Dinge, auf die es ankommt und vor allen Dingen eben auch das Warum. Was steckt dahinter?

Götz Müller über Lernbereitschaft

Und ich glaube, nur durch diesen Austausch sind wir in der Lage, unsere eigenen Wissensgrenzen im Grunde zu erweitern. […] Also unsere Kompetenz letzten Endes zu erweitern.

Zusammenfassung

In dieser Episode des Business Akupunktur Podcasts spreche ich mit Götz Müller über „Training Within Industry“ (TWI) – eine Methode, die in den 1940er Jahren entwickelt wurde, um Arbeitskräfte effizient zu schulen und Führungskräfte zu befähigen, Wissen strukturiert weiterzugeben. Was damals als Antwort auf die Herausforderungen des Zweiten Weltkriegs begann, hat sich zu einem zeitlosen Werkzeug entwickelt, das heute noch in der deutschen Meisterausbildung und im Lean Management Anwendung findet. Götz erklärt anschaulich die Vierstufen-Methode und warum klare und einfache Strukturen bei der Wissensvermittlung so entscheidend sind.

Besonders spannend ist, wie TWI auch heute Unternehmen helfen kann, Prozesse zu optimieren und Mitarbeiter effektiv einzuarbeiten. Götz teilt praxisnahe Einblicke und zeigt, wie kleine Impulse große Wirkung erzielen können – ein Ansatz, der perfekt zur Philosophie dieses Podcast passt. Gemeinsam beleuchten wir, wie Unternehmen von der historischen Methode profitieren können und welche Rolle sie im modernen Arbeitskontext spielt.

Diese Episode ist ein Muss für alle, die sich für effiziente Arbeitsprozesse, Führungskompetenz und insbesondere für nachhaltige Wissensweitergabe interessieren. Lass Dich inspirieren von den zeitlosen Prinzipien von TWI und entdecke neue Perspektiven für Deine beruflichen Herausforderungen!

Transkript der Episode

Dierk

Hallo und herzlich willkommen zum Business Akupunktur Podcast und zur 42. Episode mit dem Titel Training Within Industry, TWI. Kleine Impulse, große Wirkung. Ich freue mich auf dieses Thema und mein Gast Götz Müller. Götz ist mir seit vielen Jahren bei LinkedIn immer wieder in Diskussionen aufgefallen. Dann habe ich ihn vor einigen Wochen zufällig in einem Online-Netzwerk getroffen. Wir waren in einer Arbeitsgruppe und haben uns spontan zu dieser Episode verabredet.

Götz Müller ist im Thema Lean Management seit dem letzten Jahrtausend aktiv und bezeichnet sich als zertifizierte Nervensäge. Er besitzt den Lean Six Sigma Black Belt und ist nach eigenen Aussagen Spezialist für dumme Fragen. Ich hoffe, dass heute nur kluge Antworten kommen.

Hallo Götz, herzlich willkommen und vielen Dank für deine Zeit. Habe ich bei deiner Vorstellung etwas vergessen? Und vor allem, was ist ein Lean Six Sigma Black Belt?

Götz

Hallo Dierk. Ja, Lean Six Sigma Black Belt. Also Belt im Sinne der asiatischen Kampfkunst. Ich weiß gar nicht, welche Karate oder Judo. Den habe ich jetzt nicht, den Kampfkunst Gürtel, aber ist halt eben angegliedert und die höchste Stufe, die zweithöchste Stufe ist der Black Belt. Darunter gibt es noch einen Green, White und mittlerweile auch einen Yellow und als erste Stufe dann auch einen White Belt.

Ist im Prinzip eine Intensität des Ausbildungsprogramms, was die Tiefe der Ausbildung angeht.

Dierk

Und die Tiefe des Ausführungsprogramms für Lean Six Sigma, richtig?

Götz

Genau, im Kern Six Sigma und mittlerweile schon seit, ja durchaus auch schon anderthalb Jahrzehnten, zwei Jahrzehnten eben ergänzend das Thema Lean.

Dierk

Ja. Sehr schön. Und bei deiner Vorstellung habe ich da irgendetwas vergessen? Spezialist für dumme Fragen?

Götz

Ich weiß gar nicht, wie ich auf die flapsige Formulierung gekommen bin. Ich verbinde es dann meistens mit der Aussage und auch da stimmt mir dann oft immer jeder zu, wenn ich sage, was ist denn die häufigste Antwort, wenn ich frage, warum denn irgendwas so und nicht anders gemacht wird. Dann ist die häufigste Antwort, wäre wenn ich ja immer in dem Sinne, ja, das haben wir schon immer so gemacht.

Und das ist dann das, was mich bisschen provoziert, bisschen herausfordert, das zu hinterfragen.

Dierk

Okay, gut. Sehr schön. Götz, meinen Gästen stelle ich zum Einstieg immer die Frage, was hast du gedacht, als du zum ersten Mal den Titel Business Akupunktur dieses Podcast gehört hast?

Götz

Ja, wo ich Akupunktur gelesen habe, fand ich erstmal spannend, weil es ja eine Form von Metapher ist, was sich dann ja auch aufdeckt und ich selber ganz gern auch Metaphern verwende, mein erster Gedanke war, okay, was hat das jetzt mit TCM, traditioneller chinesischer Medizin, zu tun?

Die Erläuterung durch die Nadelstiche, ganz greifbar, bringt das sehr schön auf den Punkt.

Dierk

Sehr schön. Und diese Metapher, wie du es auch gerade gesagt hast, ist ja eine Metapher, das hat auch zu dem Titel dieser Episode geführt. Also kleine Impulse, große Wirkung und zwar eben nicht durch irgendwelche Nadeln, sondern durch Training Within Industry, TWI abgekürzt. Dann lass uns doch mal mit dem Thema starten.

Ich habe schon gesagt, TWI, Training Within Industry. Magst du uns ein bisschen was dazu erzählen? Was ist das? Wo kommt das her?

Götz

Du hast vorhin gesagt, letztes Jahrtausend, das ist weit im letzten Jahrtausend entstanden. In den allerersten Anfängen, sogar Anfang des letzten Jahrhunderts, also in den späten 1910er Jahren und im Kern dann eben, wo auch der Name so entstanden ist, in den frühen 1940ern, wo letzten Endes die Amerikaner, dort ist es entstanden, eine große Herausforderung hatten, dass der Großteil ihrer männlichen Arbeitskräfte, Industriearbeitskräfte, aber durchaus auch andere, in anderen Bereichen eben in Asien und Europa mit der Flinte unterwegs war. Also sprich, der Zweite Weltkrieg hat halt angefangen. Und dann hatten sie die eine große Herausforderung, jetzt diese Menschen zu ersetzen, wo durchaus der Ersatz verfügbar war, aber die halt eben überhaupt keine Ahnung von Industrieproduktion, industrielle Produktion hatten.

Das waren drei Bevölkerungsgruppen. Zum Teil noch Arbeitslose aus der großen Depression, die ja durchaus in die späten 30er, Anfang der 40er reingewirkt hat, eben im Sinne von Langzeitarbeitslose, wie man das ja manchmal hat. Die zweite große Bevölkerungsgruppe waren landwirtschaftliche Arbeitskräfte, und die dritte große Bevölkerungsgruppe, kann man sich heute fast nicht mehr vorstellen, waren Frauen, die halt damals Familie gemacht haben und alles, was ums Haus rund im Haushalt passiert, aber von Industrieproduktion, die halt keinerlei Hintergrund hatten. Und die musste man halt wirklich schnell in Industrie reinbringen und mit den relativ wenigen Führungskräften, die dann gleichzeitig auch noch ziemlich unerfahren waren in dieser Rolle, muss man die halt befähigen, dass sie den anderen erklären, was sie eigentlich da tun und was die anderen ja dann auch tun sollen.

Was letzten Endes durch den Begriff Training ausgedrückt wird, within industry, also in der Industrie hauptsächlich. Und das halt auf eine Art und Weise, wo man nicht sagen kann, jetzt schicke ich die erstmal wochenlang irgendwo auf ein Training, damit sie das dort lernen, wie man andere unterweist unter anderem, sondern die müssen ja weiter selber aktiv produktiv sein. Und dann hat man halt damals ein wunderbares Hilfsmittel gefunden im Kern, das Job Instruction Training, also wie lerne ich jemand anders zu unterweisen.

Dierk

Und für die, die jetzt denken, was soll das? 1940er Jahre, Amerika.

Wir werden im Laufe des Gesprächs spätestens zum Ende aufzeigen, warum das auch heute oder wieder heute von Interesse ist. Sonst hätte ich Götz auch nicht eingeladen.

Also ich bin sehr, sehr interessiert. Aber wenn mir etwas aus den 1940er Jahren erzählt werden soll, dann würde ich normalerweise sagen, nee, brauchst du nicht. Aber wie gesagt, wir werden das fortentwickeln im Laufe des Gesprächs.

Und ich habe das auch an anderen Stellen schon gehört und ich glaube, dass wir jetzt, gerade wir Deutschen, aber dass wir in diesen Zeiten auch viel davon lernen können und das machen wir, wie gesagt, Richtung Ende dieser Episode.

Ich habe eben schon gesagt, in den 1940er Jahren, oder du hast es gesagt, jetzt könnte man sagen, okay, dann war der Zweite Weltkrieg vorbei, was war denn dann damit? Also hat man das dann zu den Akten gelegt, was ist denn daraus entstanden?

Götz

Das kann man definitiv so ausdrücken, weil jetzt kamen ja die meisten, leider nicht alle, aber die meisten kamen zurück und haben dann den Leuten gesagt, hier sind wir wieder, wir wissen wie es geht, was auch immer ihr da in der Zwischenzeit gemacht habt, brauchen wir jetzt nicht mehr. Ganz verständlich, wobei das ein relativ kleiner Teil von Menschen war, die das hauptamtlich gemacht haben. Also da reden wir über ein paar hundert, die in dieser Regierungsbehörde flächendeckend, das kann man jetzt mit heutigen Verhältnissen überhaupt nicht vergleichen, die das hauptamtlich gemacht haben, so im Sinne eines Train-the-Trainer oder Train-the-Trainer-Trainer, also ein mehrfaches Multiplikatoren-System da aufgebaut haben.

Und dann waren die halt schlagartig mehr oder weniger arbeitslos und haben sich überlegt, okay, was machen wir jetzt? Und jetzt gab es aber natürlich bedauerlicherweise für die, die davon betroffen waren, halt zwei große Regionen auf der Welt, wo es jetzt nicht so toll zuging. Asien, Japan und halt Europa, Deutschland im Kern. Und speziell im Zuge des asiatischen, des japanischen Wiederaufbaus im Dunstkreis, im Trost des Douglas MacArthur sind halt Berater, TBI-Berater aus der früheren Regierungsorganisation, dorthin gegangen. Und auch in Deutschland, was viele nicht wussten, heute nicht mehr wissen. Ich habe es auch erst vor 20 oder so in der Größe 2015 habe ich das auch erst, wo ich mich damit beschäftigt habe, rausgehört, es ist Teil der deutschen Meisterausbildung geworden. Im Kern diese Arbeitsunterweisung ist eine sogenannte Vierstufen-Methode. Und wenn man einen Industriemeister oder einen Handwerksmeister bei uns fragt, schon mal was von der Vierstufen-Methode gehört, dann sagt er ja klar. Was der natürlich nicht weiß, weil das halt über die vielen Jahrzehnte das Wissen, wer oder welcher verloren gegangen ist, dass das auf dieses Job Instruction Training zurückgeht.

Dierk

Ja, okay. Sehr schön. Die vier Stufen, die hören wir uns bestimmt auch noch an. Jetzt hast du ja gesagt, 1940er Jahre, es ist überführt worden ins Toyota-Produktionssystem, in die deutsche Meisterausbildung. Gab es danach irgendwo mal so ein Auf und ein Ab oder ist das einfach immer so weiter geflossen? Weil das ist ja wirklich schon eine lange Zeit, wo das aktiv ist und in der Nutzung ist. Und dann ist so meine Erfahrung, da nutzen sich ja viele Dinge ein bisschen ab. Also man gewöhnt sich dran. Wie ist das bei TWI gewesen?

Götz

Also das war mit Sicherheit schon ein Problem in den 1940ern, in der ersten Hälfte der 1940er. Und es wird auch immer wieder ganz, ganz deutlich in den Urunterlagen steht ganz deutlich drin, halte dich an den Trainingsleitfaden. Und der ist wirklich so in fünf Minuten da runtergebrochen, diese fünfmal zwei Stunden innerhalb einer Woche, also immer zwei Stunden am Tag, über fünf Tage verteilt.

Das ist zumindest meine Interpretation, weil es nicht nur einmal ganz, ganz deutlich drinsteht. Er findet da nichts dazu. Versuch dich nicht hier selber irgendwie zu verwirklichen. Halte dich bitte an das Manuskript.

Und wenn man jetzt weiß, dass in den 1940ern, in dreieinhalb bis vier Jahren, eine Million Arbeitskräfte dieses Training durchlaufen haben, immer so in einer Gruppe von zehn Personen, also 100 Trainings durchgeführt wurden, nehme ich zumindest für mich nicht in Anspruch zu sagen, da erfinde ich jetzt mal noch was richtig viel Besseres. Oder verbessere das mal noch weiter. Aber wie du es angedeutet hast, es war definitiv damals schon ein Problem und natürlich ist es auch heute noch ein Problem, gewisses Problem, es wird begleitet dadurch, dass es ein kleines Kärtchen gibt, so ein Postkartenformat, wo auch diese Schritte nochmal ganz explizit draufstehen. Und auch da mit dem deutlichen Hinweis, mach keine Unterweisung, ohne das Kärtchen nicht neben dich zu legen. Nicht, weil du das nicht weißt, aber weil das einfach zusätzlich auch dem Schüler gegenüber noch ein weiteres Vertrauen aufbaut, der erfindet jetzt hier nicht mal so irgendwas vom blauen Himmel runter, sondern da steckt was dahinter.

Dierk

Ja, okay. Wobei, wenn du das jetzt so erzählst, dann würde ich sagen, also erstens klingt ja für mich nach einem festen Vorgehen, festes Prinzip, feste Methode. Ist ja erstmal auch sehr, sehr gut, weil sie sich wirklich etabliert hat, weil sie sich wirklich auch sozusagen eingeschliffen hat. Dann finde ich es auch immer wichtig, wie wird das rübergebracht. Das heißt, ich hätte jetzt im ersten Moment gesagt, wenn da mir jemand gegenübersitzt und mir etwas erklärt und quasi die Postkarte daneben sich liegen hat, dann würde ich sagen, kann er sich das nicht merken. Also da würde ich aus meiner Sicht erst mal sagen, naja, das würde ein bisschen das Vertrauen ein bisschen senken in den, der mich da unterweist.

Götz

Also das ist ein berechtigter Einwand. Das sollte, ich nenne es mal, kommunikativ begleitet werden. Dass ich also sage, warum lege ich A die Karte daneben und die Karte ist nicht das Einzige, sondern ich habe, glaube ich, den Begriff schon verwendet. Es wird durch eine Arbeitsaufschlüsselung unterstützt, die ich mir selber erst mal vorher machen muss, als derjenige, als immerhin Lehrer, weil ja ganz oft die Situation auch existiert, ich kann solche Dinge im Schlaf.

Ich habe das mal bei einem Handwerksbetrieb gemacht, bei einem Stuckateursbetrieb. Ein Vorarbeiter, Vorarbeiter hat typischerweise keine Meisterausbildung, sondern ist einfach nur ein erfahrener Geselle, den hole ich nachts um halb drei mit verbundenen Augen, gut gefesselte Hände vielleicht nicht, sonst wird es mit dem Arbeiten schwierig, aber den stelle ich mit verbundenen Augen vor die Wand und sage, da ist die Wand, da ist die Kelle, die Traufel, da ist der Putzkübel, verputzt mir die Wand. Das kriegt er hin im Schlaf, im Halbschlaf. Das heißt aber eben nicht, dass er jemand anders erklären kann, was er denn da tut. Genau, sodass er das vom Ansatz her nachmachen kann, ohne weitere Erläuterung. Das heißt, da ist ganz wichtig und wie du es aber angedeutet hast, das sollte kommunikativ begleitet werden, dass ich ihm sage, ich will dich gut unterweisen, das sind die Dinge, auf die es ankommt und vor allen Dingen eben auch das Warum. Was steckt dahinter? Jeder, der schon mal eine Traufel in die Hand genommen hat, man kann die halt auf mindestens zwei Arten in die Hand nehmen. Also die Traufel, das ist so ein Blech mit einem Griff, womit ich den Putz an der Wand aufziehe. Das kann ich in die Hand nehmen wie ein Maß Bier. Da wird mir aber der Putz zu 80% hinterher auf dem Boden liegen. Und genau das ist dort in dieser ersten Zeitung, in diesem ersten Anlauf der Unterweisung ist das auch passiert und das muss dort auch passieren. Ich wusste das jetzt vorher schon, dass das passiert, weil ich das Glück mal hatte, dass mir jemand ziemlich gut erklärt hat, wie man Putz aufzieht. Aber so passierte das halt dort dem Vorarbeiter. Er hat dann tief Luft geholt und ich habe gemerkt, jetzt will er eigentlich losfoltern und den Auszubildenden, also wir hatten da wirklich Auszubildende dabei als Opfer, als Versuchskaninchen, weil klassischerweise halt auf einer Baustelle, speziell wenn es im Außenbereich ist, wenn da irgendwie einer vom Gerüst oben steht und der Vorarbeiter läuft unten vorbei und sieht da oben, macht irgendeiner in Anführungszeichen Blödsinn, dann pullt der halt los, weil sonst hört er ihn gar nicht.

Das heißt Unterweisung. Im klassischen Sinne passiert da oft mit der Lautstärke der Stimme, was aber nicht auf den Unterweisungserfolg überhaupt keinen Einfluss hat.

Das gibt da eine ganz zentrale Aussage, wenn der Schüler nicht gelernt hat, hat der Lehrer nicht gelehrt. Und das zum Beispiel steht mit auf der Karte drauf. Und es gibt dann dem Schüler auch die Chance, wenn er so ein bisschen rüberlinzt, das zu sehen,

Dierk

Ja, das stimmt. Und das ist schon ein Punkt, ich habe ja gesagt, wir kommen später noch drauf, aber ich glaube, der eine oder andere wird jetzt schon Parallelen dazu ziehen können, denn wenn wir ja aus meiner Sicht häufig von den Schwierigkeiten zwischen Generationen zum Beispiel sprechen, dann werfen die Älteren häufig den Jüngeren vor, dass sie dumm sind, dass sie faul sind und vielleicht ist es auch so, dass die Älteren nicht erklären können. Also das könnte man ja vielleicht genau dafür benutzen, um so etwas zu manifestieren. Bevor wir weiter ins Detail gehen, gibt es vielleicht ein paar Grundprinzipien, also das für uns ist das Training within the Industry so ein bisschen besser vorstellen können. Also gibt es ein paar Grundprinzipien, die dieser Art und Weise zu lehren und Wissen weiterzugeben, zugrunde liegen?

Götz

Ja, und das finde ich auch sehr spannend, weil es im Grunde, und man muss sich klar machen, das ist in den frühen 1940ern entstanden, mit Wurzeln, die nochmal 25 Jahre weiter zurückgehen. Das war im Grunde die Hochzeit des sogenannten Taylorismus.

Sprich, es gibt zwei Gruppen von Menschen in Unternehmen, die einen, die denken, und die anderen, die arbeiten. Und im Grunde unter denen die White Colors und die Blue Colors. Also die Blue Colors, die vermeintlich arbeiten und die anderen, die nur denken. Und im Grunde gab es so eine Regel, wenn du durchs Werkstor gehst, schalte dein Hirn aus, du bist auf Schwäbisch zum Schaffen da, zum Arbeiten da.

Und wenn man sich jetzt aber eben diese Prinzipien anguckt, von denen ich eines genannt hatte, Wenn der Schüler nicht gelernt hat, hat der Lehrer nicht gelehrt, dann ist das ein völlig anderes Menschenbild. Das ist sehr, nennen wir es mal allgemein, sehr empfängerorientiert. Sprich, wenn mir die Reaktion meines, egal warum ich mit jemandem kommuniziere, egal ob es ein Unterweisungsthema ist oder ein Führungsthema oder ein vermeintlich persönliches Thema, wenn mir die Reaktion nicht gefällt, ist der praktisch einzige Hebel, auf den ich wirklich einen Einfluss habe, der Griff an die eigene Nase oder an den eigenen Mund, also sprich zu reflektieren, anders ausgedrückt, der Wert meiner Kommunikation entsteht durch die Reaktion meines Gegenübers. Das ist jetzt ein völlig anderes Menschenbild, wie man im Grunde eben dem Taylorismus zugrunde legen kann.

Dierk

Ja, dem Taylorismus und wie ich finde auch, wenn man so will, dem gesunden Menschenverstand ist, finde ich es gut, dass du immer wieder auf das Alter quasi hinweist, weil natürlich das eine oder andere, was wir heute als wertschätzend ansehen, was ich als wertschätzend ansehe, war damals vielleicht noch gar nicht so wichtig, aber jetzt ist doch auch klar, dass jemand, dem ich unterweise, dass der mit dieser Aussage, mit diesem Grundprinzip keine dumme Frage stellen kann. Beziehungsweise wenn es eine dumme Frage ist, dann ist sie deswegen dumm, weil der Lehrer vorher dumm gearbeitet hat, dumm erklärt hat.

Götz

Richtig.

Dierk

Ja, gibt es noch weitere Prinzipien?

Götz

Ja, jetzt eher auf der Führungsebene oder im Führungskontext ein weiteres Prinzip ist, Führungskräfte, und es beginnt eben schon auf der untersten Ebene, zieht sich aber ganz nach oben durch, schaffen Ergebnisse nur durch ihre Mitarbeiter, weil die zwei, mindestens zwei limitierenden Faktoren jedes Menschen, das ist einmal, wir haben alle nur zwei Hände und manchmal braucht man halt noch eine sprichwörtlich dritte Hand, also sprich, wir können halt nur beschränkt viele Dinge mit den zwei Händen tun und der zweite, im Grunde noch größere limitierende Faktor ist der Faktor Zeit. Wir alle haben nur die 24 Stunden am Tag. Und wir können natürlich theoretisch alles selber machen. Das spielt dann vielleicht in so Dinge wie Delegation und Co. rein. Aber wirkliche Wirkung erzielen wir über das, was wir mit den eigenen zwei Händen und mit den eigenen 24 Stunden am Tag machen können, gelingt uns halt nur durch Mitarbeiter. Also sprich, das ist die wichtigste Ressource.

Dierk

Ja, ich finde es auch deswegen interessant, weil ich den Eindruck habe, dass in der durchorganisierten und auf Effizienz getrimmten Arbeitsweise, die wir haben, die wir seit 10, 15, seit 20 Jahren haben, dass immer mehr Zeit verloren gegangen ist, um zu unterweisen. Das ist, glaube ich, so ein Punkt, denn das kostet ja Zeit, weil du gerade gesagt hast, 24 Stunden und auch die zwei Hände. Jetzt fällt mir gerade etwas ein, was ich dann bei dir mal als Lean-Management-Experte sozusagen als Exkurs, eine Frage.

Ich habe gehört, dass in Japan eine Einführungskraft nur aufsteigen konnte, wenn sie für Ersatz gesorgt hat, für die eigene Position. Stimmt das? Kannst du das erklären?

Götz

Also ich würde mich da jetzt sicher weit aus dem Fenster lehnen, wenn ich das so zu 100% unterschreibe. Aber ein Stück weit steckt da ein Element dahinter, nämlich das Thema Mitarbeiterentwicklung. Und das zieht sich, zumindest wenn man von Toyota spricht, das zieht sich dort durch. Das ist eine der primären Aufgaben einer Führungskraft, in diesem Verständnis Mitarbeiter zu entwickeln. Und dann ergibt es sich im Grunde fast automatisch, dass ich mich eben als Führungskraft überflüssig mache. Und wenn ich das jetzt mal weiterspinne, dann ist es im Grunde auch völlig schlüssig, weil das Unternehmen würde ja sehr wahrscheinlich eine sehr gute Fachkraft verlieren, wenn ich die zur Führungskraft mache, wenn die eben neue Aufgaben bekommt. Und deshalb ist es im beiderseitigen Interesse. Ich entwickle meine Mitarbeiter, dadurch mache ich mich überflüssig, wo ich heute arbeite und bin dadurch im Grunde auch erst in der Lage aufzusteigen.

Dierk

Ja, sehr schön. Danke für den kurzen Exkurs. Okay, wir haben jetzt ein paar Grundprinzipien von TWI gehört. Ich denke, man kann sich ein bisschen was vorstellen. Wer ist denn die Zielgruppe von TWI?

Götz

Die Zielgruppe sind im Grunde, wie ich es vielleicht eingangs schon ein bisschen angedeutet habe, diese unterste Ebene Führungskräfte, die halt typischerweise jetzt im deutschen Kontext, nennt man es halt die Meisterausbildung, die die nicht haben.

Das sind die Vorarbeiter auf einer Baustelle, die haben keine Meisterausbildung. Wenn ich eine Meisterausbildung habe, dann bin ich typischerweise Bauleiter. Das heißt, ich besuche nacheinander Baustellen, gucke, dass dort einigermaßen alles nach dem Rechten läuft und gehe dann zur nächsten Baustelle. Das heißt, ich habe gar nicht die Zeit, dort Auszubildende zu unterweisen, sondern ich muss mich darauf verlassen, dass das dort vor Ort passiert. Da haben wir jetzt schon seit ein paar Jahrzehnten in Deutschland den sogenannten Ausbilderschein, um genau diese Lücke auch zu füllen.

Und wenn man auch da reinguckt, was steckt da dahinter? Da steckt wieder genau die Vier-Stufen-Methode dahinter. Nur dass vielleicht dort das Thema Führung nicht in der Intensität vermittelt wird, wie das jetzt in der klassischen einjährigen Vollzeit oder zwei- bis dreijährigen berufsbegleitenden Meisterausbilder der Fall ist.

Dierk

Ja, okay. Jetzt hast du schon zwei, drei Mal von der vier Stufen Vorgehensweise erzählt.

Ich würde sagen, bevor uns jetzt die Leute abspringen, weil wir diese Sache nicht erklären, was ist denn dieses Vier-Stufen-Modell? Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das ein Kern dieser TWI-Methode?

Götz

Richtig, ja. Es ist erstmal das mir selber überlegen, um was geht es denn?

Also diese Arbeitsaufschlüsselung, das was ich, man spricht ja, ich muss vielleicht ein bisschen ausholen, damit es klarer wird.

Es gibt die sogenannten vier Kompetenzstufen. Das beginnt bei dem Baby, das im Kinderwagen liegt, das weiß von Fahrradfahren gar nichts. Das bewegt sich auf der Ebene der unbewussten Inkompetenz. Dann kann es irgendwann laufen.

Ein Jahr, zwei Jahre sieht vielleicht draußen den großen Bruder oder die große Schwester auf dem Fahrrad vorbeifahren. Hat es vielleicht schon mal probiert und ist beim ersten Mal typischerweise gescheitert. Jetzt weiß es, es gibt Fahrradfahren, ich kann es noch nicht. Das ist die bewusste Inkompetenz.

Dann kommt irgendwann die Phase der bewussten Kompetenz, so mit Unterstützung von Mutter oder Vaters Hand im Nacken und Stützrädern und dann das etwas taumelige über die Straße.

Und dann kommt, wie nach Intensität mit drei bis vier Jahren, das ist dann die Phase, wo wir graue Haare kriegen oder die Haare ausfallen, wenn die Kinder wie der Teufel die Straße runterheizen. Das heißt, die sehen ein Fahrrad, die denken so wie wir Erwachsene auch. Wir denken nicht mehr darüber nach, was muss ich denn jetzt da tun? Was mache ich mit den Händen? Fange ich erst mit dem linken Bein oder mit dem rechten Bein an? Bin ich eigentlich Linkshänder oder Rechtshänder? Auf welcher Seite stehe ich denn am Anfang? Ne, wir nehmen das Ding und fahren los. Heißt jetzt nicht, dass wir die besten Fahrradfahrer, Fahrradfahrlehrer sind. Das heißt, ich habe jetzt einerseits eben eine Kompetenzebene erreicht, die wir alle anstreben, die auch die Unternehmen anstreben. Sprichwörtlich Dinge im Schlaf können, heißt aber halt dummerweise nicht, dass ich jetzt in der Lage bin, das jemandem ernst zu erklären, was ich denn da tue im Schlaf.

Und das ist diese erste Stufe, dass ich da wieder runterkomme, dass ich mir bewusst mache, was mache ich, wie mache ich es und dann das Warum, dann finde ich den entscheidenden Effekt. Dass man sich klar macht, warum mache ich das so. Weil es leichter ist, weil ich mich nicht verletzen kann, weil es schneller geht, was auch immer im Detail sein muss. Dann mache ich das vor und zwar nicht nur einmal, sondern mindestens dreimal, indem ich nacheinander erkläre, was mache ich, wie mache ich es, warum mache ich es. Und dann verschwinde ich nicht, sondern dann lasse ich es den Schüler, die Schülerin nachmachen. Auch wieder insgesamt viermal, mindestens viermal. Erst einmal machen. Dann einmal machen und erklären, was mache ich, also die entscheidenden Schritte. Dann einmal, wie mache ich es. Das sind wir schon beim dritten. Und beim vierten Mal noch, warum mache ich das so. Weil ich dann einfach auch durch das Wiederholen meines Schülers als Lehrer erkenne, okay, es ist angekommen. Er ist in der Lage, es zu wiederholen.

Dierk

Okay, das heißt, wenn ich das jetzt mal so zusammenfasse, was mache ich, wie mache ich es, warum mache ich es und dann vormachen. Das sind diese vier Stufen. Und das kommt mir irgendwie bekannt vor. Also ich muss gestehen, ich habe keine Ausbildung und auch keine Meisterausbildung, aber das kommt mir irgendwie bekannt vor. Und ich hatte auch mit einer Kollegin vor einiger Zeit auch eine Podcast-Episode. Da ging es auch so ein bisschen um Ausbildung und da ging es auch um das Thema, wie erkläre ich denn? Also da werde ich sicherlich auch nochmal den Link in die Shownotes einbauen.

Aber okay, also verstanden diese vier Grundprinzipien. Was mache ich? Wie mache ich es? Warum mache ich es? Und dann nochmal vormachen. Und ich persönlich bin ja auch mein Freund von der Frage Warum? Du hast ja auch vorhin gesagt, du stellst ja immer die Frage, warum macht ihr das so? Und es gibt dann so eine dumme Antwort wie, haben wir immer schon so gemacht? Oder manchmal kriege ich auch die Frage, stimmt, das ist eine gute Frage. Also geht es in die gleiche Richtung. Wir haben uns noch keine Gedanken gemacht, warum wir das so machen.

Also sehr gut, sehr interessant.

Du hast vorhin schon so ein-, zweimal Begriffe erläutert, die mir in dem TWI-Kontext auch immer untergekommen sind. Das sind so drei wesentliche Elemente davon.

Job Instruction hast du gesagt, Job Relations und Job Methods. Also vielleicht kannst du zu diesen drei Dingen nochmal ein bisschen etwas erklären.

Götz

Ja, also die Job Relations, die Arbeitsbeziehungen sind eben der Gedanke, dass ich gute reibungslose Arbeit nur leisten kann, wenn sie eben vereinfacht ausgedrückt, wenn sie menschenorientiert ist. Weil es eben technische Gründe geben kann, warum das nicht funktioniert.

Unterweisungsthemen, also dass jemand nicht kann, weil er es noch nie erklärt bekommen hat, dann greife ich in die Schublade der Job Instructions.

Jetzt kann es halt natürlich sein, dass er eher so in die Schublade oder die Reaktion eher so in die Schublade fällt, er will nicht. Und da gibt es natürlich jetzt eine Vielfalt von Gründen, warum jemand nicht will. Und auch das eben zu hinterfragen, ist eine Sache, die in den Job Relations unterwiesen wird, erklärt wird. Welche Gedanken sollte ich mir machen, damit ich eben die Menschen an der Stelle wieder an Bord hole?

Dierk

Da finde ich es interessant, wenn man sich selber vorher die Frage beantworten muss oder sollte, warum machen wir das überhaupt? Weil wenn ich es jemandem erkläre und habe das Gefühl, er will es gar nicht lernen, er sträubt sich und ich habe dann kein anderes Argument, außer das haben wir immer schon so gemacht, das ist kein überzeugendes Argument in dem Sinne.

Götz

Zum einen das oder halt im Sinne von, wenn ich hier so auf meine eigene Schulter schaue, im übertragenen Sinne oder den anderen darauf hinweise, gucken wir hier, 1, 2, 3, 4 und bei dir sehe ich 1, 2, ich Chef, du Mitarbeiter, kann man natürlich machen, aber kommt in der Regel nicht wirklich gut an.

Dierk

Dann lass uns, also für mich ist das insofern jetzt nicht nur eine Methode zur Unterweisung, sondern sie hat auch wesentliche Elemente von Führung. Wirst du wahrscheinlich genauso sehen.

Wenn ich an meine Kanban- und Scrum-Trainings denke, dann versuche ich immer klarzumachen, deswegen bin ich mal gespannt, was du jetzt als Lean-Management-Experte dazu sagst, ich versuche immer klarzumachen, dass man sich bei diesen Frameworks immer Gedanken machen muss, wo kommen die her.

Und ich glaube, dass eine japanische Kultur komplett anders ist als eine deutsche oder westeuropäische und ich glaube auch, dass sie komplett anders ist als eine amerikanische.

Jetzt vielleicht schon mal so ein bisschen reingepiekt, gibt es Schwierigkeiten, die Methode von TWI, ich sage mal, die dann ja aus Amerika kommt, in Japan anzuwenden, beziehungsweise da ist sie ja hin exportiert worden, beziehungsweise wie ist das in Deutschland? Also vielleicht mal so ein bisschen die kulturelle Art, mit so etwas umzugehen.

Götz

Das spielt sicher eine gewisse Rolle. Spannenderweise fängt es so, wenn ich ganz allgemeine TWI-Einführungen mache, dann fängt es immer damit an. Ich habe dann da so ein Bild untergehende Sonne, also das, was ja die japanische Flagge symbolisiert mit diesem roten Ball. Und dann habe ich drunter geschrieben, ich hoffe mal, das hat mich noch niemand korrigiert, ich hoffe mal, dass es die richtigen japanischen Schriftzeichen sind, die etwas derb ausgedrückt für menschliche Hinterlassenschaften. Ich drücke das jetzt mal nicht klarer aus. Also japanischer Sch***, so funktioniert bei uns nicht. Und das ist natürlich im Grunde globaler, universeller Vorbehalt, der dort existiert.

Jetzt muss man aber an der Stelle zum Beispiel, oder das eine wunderbare Gegenbeispiel, das es da gibt, in den 1980ern gab es dann Joint Venture von Toyota und General Motors. Damals eine vielleicht vergleichbare Situation, wie wir es heute hatten. Die japanische Automobilindustrie ist halt mit Zöllen beaufschlagt worden und sie haben deshalb angefangen, Werke in in den USA aufzubauen. Und eine Sache, die halt irgendwo auf der Hand lag, da hatte General Motors eines ihrer schlimmsten oder das schlimmste Werk geschlossen. Das war so schlimm, dass dort Mitarbeiter in die Seitenverkleidung leere Flaschen oder leere Dosen eingebaut haben, also reingelegt haben. Das hatte den Effekt, wenn das Auto langsam auf den Hof rausfuhr, hast du es nicht gemerkt. Wenn aber dann der Kunde das Auto bei sich irgendwann auf dem Highway oder auf dem Feldweg gefahren hat, dann hat es da immer geklappert. Also das war richtig krass dort. Also da war im Grunde Krieg in den Werkshallen. Also jeder gegen jeden. Gewerkschaften gegen Führungskräfte. Gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter gegen Führungskräfte. Also es war das schlimmste General Motors Werk.

Und denen ist es gelungen, das zu drehen, das ist eines der besten Werke dann geworden. Die waren zum Teil besser wie japanische Werke. Also so viel zu der Aussage, in Anführungszeichen, japanischer, funktioniert bei uns nicht. Und das Zweite, auch eine Anekdote aus den Jahren. Es gab halt einen, ich glaube, es war der Dan Jones, da bin ich mir nicht mehr ganz sicher mit dem Namen, der seinem japanischen Coach, Sensei, genau diese Aussage entgegnet hat. Ja, dieses japanische Zeug hier, Job Instruction funktioniert bei uns nicht. Und dann ist halt der Sensei Wutentbrannt ans Bücherregal gegangen, hat dort die Unterlagen aus den 40ern rausgezogen, hat ihm das sprichwörtlich um die Ohren gehauen oder auf den Tisch geknallt und sagt, erzählt doch nicht so ein Mist, das haben wir doch von euch, von den Amerikanern. Was in dem Kontext, wenn ich es noch ein bisschen vertiefe, spannend ist, es war ein bisschen zeitlicher Versatz. Also die ersten, nennen wir es mal Exportaktivitäten, gingen eher nach Deutschland. In den späten 40ern, in den frühen 40ern. Japan war so größenordnungsmäßig zwei, drei Jahre hinterher. Japan-Toyota. Und man hat in Deutschland natürlich damals vergleichbare Vorbehalte gehabt, wusste aber noch nicht, wie man damit umgehen soll. Wo sie dann nach Japan gingen, war einerseits dort das Train-the-Trainer-Konzept stärker im Fokus. Und zweitens hat man halt gewisse Erfahrungen, verdammt, das hat in Deutschland schon nicht wirklich funktioniert, wenn wir so als externe Klugscheißer da reinkamen und denen jetzt die Welt erklären wollten, hat man halt gesagt, ich mache das in Japan ein bisschen anders. Und ich werde so den Verdacht nicht los, dass es deshalb bei Toyota besser ankam, weil man es bewusst gemacht hat, wie das halt in Deutschland angekommen ist.

Dierk

Okay, ja, also das macht Sinn, das ist nachvollziehbar.

Ich habe immer dieses Beispiel von dem Thema Kanban, von Signalkarten. Ich habe gehört, ich war ja noch nicht in Japan, dass es dort Parks gibt, wo man Karten ziehen muss, wenn man reingehen darf. Und wenn keine Karten mehr da sind, dann darf man nicht mehr reingehen. So wird Überfüllung vermieden.

Götz

Wie gesagt, ich bin jetzt leider noch nicht in Japan gewesen, da kann ich dir das nicht bestätigen. Ich kenne es aber während der Corona-Zeit, kenne ich es aus Italien. Da war das, und das ist heute fast immer noch so, da hat man plötzlich eingeführt, dass man Nummern zieht, egal ob man in eine Bank reingeht, in eine Postfiliale. Das sind so die hauptsächlichen Situationen gewesen, um genau das Thema Überfüllung zu vermeiden und auch um einfach zu kanalisieren, dass ich halt nicht in einer super langen Schlange stehe oder im Grunde stehe ich schon in einer langen Schlange, aber ich stehe nicht in einer Schlange und sehe dann, nur weil ich mich da angestellt habe, und sehe dann plötzlich, die Nachbarschlange ist leer. Das ist ja dann auch so ein Schlangenhopping, was wir vielleicht in Deutschland eher haben.

Dierk

Ja, da wollte ich genau drauf hinaus, weil ich glaube, wenn das so wäre in Japan, ich habe es auch nicht selber überprüft, dann würde ich behaupten, dass es in Deutschland nicht funktioniert. Also es gibt eine ganze Menge Leute, die sich nicht darum scheren würden, ob das eine Karte ist oder nicht. Aber gut, wir wollen ja über TWI sprechen und nicht über Deutschland. Wie kann man denn TWI einführen? Also vielleicht auch da zum Begriff, ich mag dieses Wort einführen eigentlich nicht, weil das immer so bedeutet, man macht etwas und dann ist man fertig. Also dass so eine Assoziation dabei kommt. Also ich habe trotzdem mal so gefragt, also wie kann man TWI in die Nutzung überführen?

Götz

Ich sollte mir natürlich erst mal im Klaren werden, was ist mein Hauptproblem?

Ist das Hauptproblem eher im Kontext das Thema Unterweisung zum Beispiel, weil ich mich halt in einer Branche bewege, wo ich sehr viel mit Aushilfskräften arbeite oder zum Beispiel mit saisonalen Arbeitskräften und die dann eben zum Beispiel in einem Weihnachtsgeschäft möglichst schnell in das Thema reinbringen muss, was also mein Kernantrieb ist, mein Kernmangel im Grunde auch. Das ist die erste Frage, die man sich stellen sollte. Oder ob es eben auf der menschlichen Ebene alles super läuft. Unterweisung läuft auch super, aber die Menschen machen das halt so, wie man seit Jahrzehnten macht. Das heißt, keine kontinuierliche Weiterentwicklung da ist.

Dann würde man eher Themen wie die dritte Säule adressieren, nämlich die Job Methods. Wie verbessere ich Arbeitsprozesse? Das ist also, was man sicher nicht machen sollte, irgendwie so mit der Gießkanne was ausschütten, sondern eben schon an dem Mangel orientiert.

Dierk

Da hake ich mal kurz ein, weil das ist natürlich, wie ich finde, schon ein sehr wichtiger Punkt. Nicht einfach von wegen, ich habe eine Gießkanne und das ist ganz, ganz toll. Also TWI hat überall geholfen, das hilft uns auch, sondern wirklich punktuell nur da einsetzen, wo es Sinn ergibt. Und diesen Sinn erarbeite ich mir vorher. Also wirklich mit einer Begründung, wo macht es denn Sinn? Jetzt stellen wir uns mal vor, es macht Sinn. Also ich habe einen Mangel festgestellt, ich muss einfach den Leuten das erklären. Weihnachtsgeschäft, Saisonnachtsgeschäft, wie auch immer. Also ich habe einen Sinn erkannt. Kann man das dann quasi neben dem Tagesgeschäft einführen oder, du hast es ja gesagt, ich kann, du konntest, wir konnten damals in den 1940er Jahren nicht die Menschen für Wochen auf irgendwelche Ausbildungsorte schicken. Kann man das neben dem Tagesgeschäft einführen, in die Nutzung bringen?

Götz

Ja, definitiv. Also ich kann mir nichts Kompatibleres vorstellen. Eine gewisse Zeit muss ich einfach investieren, aber es sind halt nur zwei Stunden am Tag. Das heißt, entweder reduziere ich halt dann für die zehn Personen, die jetzt in dem Kurs drin sind, reduziere ich halt den produktiven Anteil auf sechs Stunden oder ich hänge mal für eine sehr überschaubare Zeit eine Woche, fünf Tage, hänge ich halt mal noch zwei Stunden dran oder irgendein Mix aus den beiden Möglichkeiten. Das heißt, es ist sehr kompatibel zum Tagesgeschäft.

Dierk

Ja, okay.

Also ich denke auch, das müsste möglich sein. Also 5 mal 2 Stunden, das ist sozusagen der Kern. Und all das, was ich unterweisen will, muss ich in diese 5 mal 2 Stunden reinpacken.

Götz

Richtig. Wie ich es angesagt habe, das Programm, die Agenda dieser fünfmal zwei Stunden ist im Grunde auf fünf Minuten, zehn Minuten rast heruntergebrochen. Das heißt, es ist völlig klar, was wann dran ist.

Und das Zweite, was auch noch ganz wichtig ist, es ist eben nicht nur Theorie, sondern ab dem zweiten Treffen bis zum letzten, wo im ersten funktioniert es natürlich nicht, aber ab dem zweiten Treffen bringen die Teilnehmer selber aus ihrem Arbeitsumfeld Dinge mit. Also zum Beispiel, ich habe den jetzt, natürlich macht man ein Standardbeispiel, das kannst du ja vielleicht auch verlinken, zum Beispiel gibt es eine Möglichkeit, das T-Shirt-Falten zu erläutern, da gibt es schöne Videos drüber.

Aber ab den zweiten zwei Stunden bringen die Teilnehmer selber Themen mit und unterweisen sich gegenseitig da drin. Idealerweise sind natürlich Dinge, von denen die anderen jetzt nicht wissen, wie es funktioniert. Das ist vielleicht auch das, was in der klassischen Meisterausbildung, die ja sehr fachspezifisch ist, ein bisschen zu kurz kommt. Da sitzen halt unter Umständen mindestens ein Jahr oder zwei Jahre, sitzen halt alle Stuckateure zusammen. Wenn er Pech hat, trifft er jetzt, in der praktischen Ausbildungsprüfung, in dem Teil, trifft er halt vielleicht das erste Mal auf einen Friseur, um nochmal irgendjemanden zu nehmen, der ganz weit weg von einem Stuckateur ist. Und natürlich ist das Risiko, dass er daran scheitert, bei dem Friseur jetzt möglicherweise gegeben, weil natürlich in seiner, im Selberlernen, wie ich unterweise, da sitze ich ja mit meinen anderen Stuckateursgesellenkollegen zusammen. Den könnte ich jetzt theoretisch irgendeinen Blödsinn erzählen. Und die meinen es wahrscheinlich auch nur gut, wenn sie dann sagen, das, was ich mir jetzt gerade gesagt habe, ist ja Blödsinn. Ich mache es mal so, wie ich es gelernt habe. Weil die können das ja schon. Da tut er ihm im Grunde gar keinen Gefallen, aber es passiert halt. Er wird jetzt nicht durchfallen deshalb in der Meisterprüfung. Er kriegt halt dann bloß eine 3,5 in diesem praktischen Teil.

Dierk

Das ist okay, ja. Gut, also zweiter Punkt haben wir jetzt gelernt. Es geht darum, was wir gelernt haben, sofort in der Praxis anzuwenden. Also ab der zweiten Situation. Dann haben wir die Vier-Schritte-Methode schon gehört, als weiteres Kernelement. Und was ich noch gelesen habe, ist, dass es um den praxisorientierten Ansatz geht, dass man sich auf die Bedürfnisse von Unternehmen und Mitarbeitenden fokussiert.

Wird das unterstrichen? Ist das auch ein wichtiger Punkt? Und vor allen Dingen, wenn ja, wie macht man das?

Götz

Ja, definitiv. Also wie ich es schon ein bisschen angedeutet habe, indem man eben wirklich vor den eigentlichen Trainings sich überlegt, wo ist denn mein Defizit? Was behindert die Produktion? Produktion steht jetzt für alles, was ich halt in irgendeiner Weise leiste dort im Unternehmen.

Und auch dazu gibt es, da reden wir jetzt nicht bloß über fünfmal zwei Stunden, sondern da sind es fünfmal ein Tag, über einen längeren Zeitraum, auch nicht bloß eine Woche, also nicht eine ganze Woche am Stück, sondern in zwei Blöcken, um genau das rauszuarbeiten. Wo steckt denn der Teufel im Detail? Was ist denn wirklich unser Defizit, das eben das Thema Produktion behindert? Ist es im Thema Unterweisung? Ist es im Thema Arbeitsbeziehung oder ist es irgendwas dazwischen? Oft ist es auch ein Mix davon, wo die Dinge sich gegenseitig beeinflussen.

Das ist das, was sich Program Development nennt, wo also ein Trainingsprogramm, aber eben zugeschnitten auf das Unternehmen entwickelt wird.

Das kann jetzt durchaus auch unternehmensübergreifend stattfinden. Und deshalb ist dann da auch eine Lücke von der Woche drin. In dieser insgesamt einen ganzen Woche, fünf Tage, wo die Menschen wieder zurück ins Unternehmen gehen, mit dem, was sie jetzt in den ersten Tagen gelernt haben, die eigene Situation nochmal reflektieren. Wo ist denn wirklich unser Mangel?

Dierk

Ja, also waren schon sehr viele, wie ich finde, sehr viele interessante Aussagen, sehr praxisorientiert, sehr, sehr gut passend zu einem Tagesgeschäft.

Ich habe ja selber auch schon gesagt, dass es immer, immer enger wird, also immer mehr oder immer weniger freie Zeiten, immer weniger Möglichkeiten, sozusagen in Ruhe Dinge zu erklären. Und dann kann ich mir wenigstens über diese Methode diese Ruhezeiten holen, dass ich sage, okay, fünf mal zwei Tage, das passt. Wir haben sofort ein Thema, was wir aus dem Unternehmen aufnehmen und wir fokussieren uns auf bestimmte Probleme, die wir bei den Unternehmen respektive bei den Mitarbeitenden sehen. Dann lass uns das mal übertragen. Also ich glaube, die meisten, die bis hierher gehört haben, können sich vorstellen, wo das einsetzbar ist.

Aber wir, denke ich, können es auch noch mal ein bisschen besprechen, Thema Fachkräftemangel. Also ich habe vor Jahren ja mal gesagt, ich weiß nicht, ob wir wirklich einen Fachkräftemangel haben, weil ich schon ein bisschen auf das abgezielt habe, was ich in dem Kontext jetzt reinbringen würde.

Also ich glaube schon, dass wir, wobei vielleicht muss ich dazu sagen, diese Aussage würde ich jetzt ein bisschen revidieren, weil ich glaube schon, dass wir an vielen Stellen einen Fachkräftemangel haben. Aber wie gesagt, die Ursachen, die sind sehr vielfältig.

Und einige der Ursachen könnten sein, dass die Menschen den Job, den ich ihnen zuteilen würde, wo ich Fachkräfte brauche, vielleicht deswegen nicht machen, weil er mir schlecht erklärt wird, weil das Arbeitsthema nicht stimmt.

Also Frage an dich, wo können wir, wo kann man TWI im Thema Fachkräftemangel einsetzen?

Götz

Also ich behaupte mal überall und auch da mache ich noch zwei Beispiele aus den 1940er Jahren.

Vor 1940, vor 1942 hat es fünf Jahre gedauert um einen Linsenschleifer, Linsenschleifer speziell für Scheinwerfer, also Große, jetzt nicht so Brillenlinsen, sondern große Linsen. Hat es fünf Jahre gedauert diese Ausbildung. Ende 1942 waren es noch fünf Monate und 1945 waren es fünf Wochen. Muss man sich mal vorstellen. Und da war jetzt kein technisch-mechanischer Fortschritt drin, im Sinne von vollautomatisierte Maschine und ich lege bloß eine Glasscheibe ein und dann drücke ich auf den Knopf. Sondern der Vorgang selber war immer noch der gleiche.

Das war das eine Beispiel. Das zweite Beispiel war, bis zu Kriegsbeginn waren 50.000, 60.000 Menschen im Schiffbau in den USA unterwegs angestellt. Haben dort gearbeitet auf den Werften. Danach in den Hochzeiten, je nachdem welche Zahlen man sich anschaut, geht das von 500.000 bis weit über eine Million. 1,5 Millionen habe ich auch gelesen, die Zahl. Da kann man jetzt darüber diskutieren, was jetzt wirklich zu dem Schiffsbau reingehört. Aber muss sich klar machen, ein Großteil der Menschen, oberhalb der 50.000, die dann in den Folgejahren in die Werftindustrie gekommen sind, die hatten vorher keinen Fuß in eine Schiffswerft gesetzt, geschweige denn auf ein Schiff. Und trotzdem waren die damit in der Lage, eine gewisse Anzahl, um es mal vorsichtig auszudrücken, von zusätzlichen Schiffen zu bauen.

Dierk

Ja, klingt für mich so wie nach Training on the Job. Also geht ja auch in die Richtung, genau zu sagen, ich weise die Leute ein und bilde sie fokussiert aus. Zwischen 5 Jahren und 5 Wochen liegt ja ein Riesenunterschied. Da werden sicherlich auch Dinge weggefallen sein, man ja nicht einfach alles einkürzen. Es werden Dinge weggefallen sein, die nicht so wichtig waren, um vernünftig Linsen herzustellen für die Automobilscheinwerfer.

Götz

Zum Beispiel, Automobilschweinwerfer. Aber speziell für Schweinwerfer, die ich brauche, um den Himmel auszuleuchten. Um zu gucken, was fliegt denn da oben rum. Und was möchte ich lieber runterholen, also solche Scheinwerfer.

Dierk

Sehr schön, also das war jetzt Fachkräftemangel. Jetzt haben wir natürlich auch das Thema Expertenruhestand, also unsere Babyboomer, du und ich, weiß nicht, ob du dich zum Babyboomer dazu zählst, also ich zähle mich dazu, ich habe zwar noch keinen Bock aufzuhören, aber sei es drum, also Experten-Ruheständler. In den Unternehmen gehen die Experten in den Ruhestand. Das hängt natürlich auch mit diesem Fachkräftemangel zusammen, aber auch da, denke ich, macht es Sinn, darüber nachzudenken, TWI zu nutzen. Hast du praktische Erfahrungen damit?

Götz

Ja, also ich zähle mich auch zu den Baby-Boomern. Definitiv ist das ein großes Thema. Und zwar ist es ja im Grunde nicht nur ein Thema, nämlich dass die Fachkraft jetzt halt in den Ruhestand geht. Das heißt, die zwei Hände oder auch das Hirn ist plötzlich weg. Und speziell eben in dem Hirn steckt ja noch mehr drin. Da steckt ja eben dieses Wissen, diese Erfahrung drin, der sich jetzt ganz oft schon auf der unbewussten Ebene bewegt, was ich einerseits anstrebe, aber natürlich andererseits dann schon schwierig wird, das dort gezielt wieder rauszuholen. Das fällt dann schon fast in die Kategorie, ich weiß nicht mehr, was ich weiß.

Und das, glaube ich, macht die Situation doppelt schwierig für die, die jetzt zurückbleiben, also für die Unternehmen, die eben nicht nur die Arbeitskraft verlieren, sondern sie verlieren halt auch dieses Wissen.

Dierk

Ja, du hast es vorhin schon gesagt, ich finde, was da noch, was meinst du, der dritte Punkt ist, ich weiß nicht, was ich weiß, selbst wenn ich jetzt wüsste, was ich weiß, dann weiß ich vielleicht nicht, wie ich es vernünftig erklären kann, weil da liegen ja 20, 30 Jahre dazwischen, da liegen Welten dazwischen, was Generationen angeht, das heißt, mit dieser kleinen Karte lerne ich ja auch, es zu lehren.

Götz

Richtig.

Dierk

Na, sehr schön.

Götz

Mir erst mal darüber im Klaren machen. Das war vielleicht ein Punkt, den ich vorhin vergessen habe. Es geht nicht nur darum, runterzubrechen, wie denn die einzelne Tätigkeit aussieht. Das ist natürlich für die einzelne Unterweisung wichtig. Aber es kommt noch ein weiterer wichtiger Schritt davor dazu. Der gehört jetzt nicht zu der Vier-Stufen-Methode. Nämlich über eine Form von Qualifikationsmatrix, mir bewusst machen, welche Tätigkeiten in meinem Verantwortungsbereich habe ich denn da eigentlich. Das ist jetzt eine Sache, die für eine typische Führungskraft, wenn sie sich hinsetzt, kriegt sie das relativ schnell auf die bewusste Ebene, weil sie im Grunde nur mit offenen Augen durch ihren Arbeitsbereich gehen muss, wo es eben schwieriger wird, wenn es ihre eigene Tätigkeit betrifft. Da gibt es ja dieses nette Beispiel oder diese nette Aussage, wenn ich im Marmeladeglas sitze, kann ich das Etikett nicht lesen.

Dierk

Ja, okay. Höre ich zum ersten Mal, aber ist gut, ja.

Götz

Das heißt, ich muss ihm entweder irgendwie so einen Spiegel vor das Etikett halten, dass er überhaupt da rausgucken kann.

Oder ich muss ihn quasi sprichwörtlich aus dem Marmeladeglas rausholen und mit anderen Augen auf den eigenen Verantwortungsbereich, auf den eigenen Kompetenzbereich zu schauen. Das passt dann zu dem, was du vorhin angedeutet hast. Was weiß ich denn, was wichtig ist und was ist vielleicht halt eher unwichtig?

Jetzt sollte ich nicht mit den unwichtigen Dingen beginnen, nur weil mir die besonders viel Spaß machen, besonders leicht von der Hand gehen vielleicht, wo ich vielleicht sogar noch bewusster weiß, was ich denn da tue, sondern ich sollte das halt an dem großen Ganzen orientieren. Bis hin zu, wenn ich das ganze Unternehmen mir anschaue, wie sieht denn mein Geschäftsmodell aus? Wo habe ich denn welche Geschäftsprozesse, Leistungsprozesse, die bei einem Kunden enden, irgendwo bei einem Lieferanten anfangen, wo habe ich dazugehörige Unterstützungsprozesse, wo habe ich Führungsprozesse, was man dann typischerweise in einer sogenannten Prozesslandschaft kombiniert, dass ich genau diese drei Ebenen Leistungs-, Unterstützungs-, Führungsprozesse überhaupt einmal benenne und dann einen Abgleich im Grunde in eine Form von mathematisch betrachtete Formen und Schnittmengebilde, welche Menschen aus der Babyboomer-Generation sind denn in welchen entscheidenden Elementen meines Geschäftsmodells, Klammer auf, in welchen Geschäftsprozessen unterwegs, wo werde ich denn den größten Mangel unter Umständen haben?

Und du möchtest wahrscheinlich nicht unbedingt wissen, wie oft es mir begegnet, dass ich, ich habe da vielleicht mittlerweile ein gewisses Auge dafür entwickelt, irgendwo zu einem Kunden hinkommen, Und nicht selten in kürzester Zeit das Geschäftsmodell eben von außen betrachtet, außerhalb des Marmeladeglas, besser verstehe, ich verwende bewusst den Begriff, wie mancher Mitarbeiter selber, der halt dort gezwungenermaßen halt im Marmeladeglas sitzt.

Und dann geht es einfach auf sowas runter, mit was fange ich denn da an? Eben nicht mit den Dingen, im Kern, die am unwichtigsten sind, sondern mit den wichtigsten Dingen. Wo in meinen Leistungsprozessen scheidet mir halt als erstes jemand aus.

Und dann sollte ich halt mit denen zuerst sprechen. Dann sollte ich die zuerst befähigen, dieses Wissen aus dem Kopf rauszuholen und sprichwörtlich in andere Köpfe reinzubringen.

Dierk

Ja, das ist ein sehr schönes Zitat. Wissen aus dem eigenen Kopf bringen in andere Köpfe. Das leitet über zu meiner letzten Frage. Wie könnte man TWI in Verbindung mit KI bringen? Du hast ja gesagt, ich bringe es in andere Köpfe, ich erkläre das anderen.

Kann man TWI irgendwie auch in Verbindung zu KI bringen?

Götz

Das ist eine gute Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass die KI vielleicht sogar im Extremfall als ein erster Schüler fungiert. Das wäre eine Variante, dass ich ihm also erklären muss und ich glaube, was KI, wenn sie entsprechend trainiert ist, mit gewissen Promts im Hintergrund, was sie gut kann, ist eben auch dumme Fragen stellen. Und das habe ich an mir selber auch manchmal gemerkt, wenn ich KI nutze und die Reaktion, ich nenne ihn immer den Schlauberger, wenn die Reaktion des Schlaubergers nicht so aussieht, dann werde ich so den Verdacht nicht los und ertappe mich da dann in der Reflexion manchmal selber. Mit Menschen wird man schneller ungeduldig wie mit dem Schlauberger. Weil es da zum Beispiel gar nichts bringt, wenn man laut wird. Es geht dem zum einen rein, dem anderen wieder raus. Oder wenn man halt verbal inhaltlich ein bisschen angespannt wird. Das ist dem völlig wurscht. Das heißt, ich muss halt da tief Luft holen und sagen, okay, er hat es nicht verstanden, komme ich wieder auf den Satz zurück, wenn ich sie nicht richtig erklärt habe, muss ich meine Erklärung verändern. Also erkläre ich es halt nochmal.

Das heißt, ich könnte ihn, den Schlauberger, nutzen, mir quasi dumme Fragen zu stellen, so im Sinne von, hast du verstanden? Nee. Okay, ich erkläre es dir nochmal.

Oder eben auch, auch eine Form von dummer Frage, dieses Hinterfragen. Was mache ich denn da? Was machst du denn da, wenn du Putz ausziehst? Erklär es mir mal genau. Erklär es mir mal.

Und vielleicht ist das sogar die Chance, weil es halt kein Mensch ist, sondern nur eine in Anführungszeichen dumme Maschine, dass ich da plötzlich sogar eine Form von Geduld aufbringe, die ich vielleicht einem Menschen gegenüber so nicht aufbringe.

Dierk

Ja, ja, das ist gut.

Götz

Das könnte ich mir vorstellen, mal über ganz allgemeine Dinge von Wissensverarbeitung, wo es glaube ich auch, aber da könnte man wahrscheinlich fast schon eine extra Episode dazu machen, wo es durchaus auch einen gewissen Vorteil geben könnte. Das ist so im Kontext von Wissensmanagement. Also das weiß ich sogar schon, weil eine große Herausforderung ist also von schriftlich niedergelegtem Wissen in irgendeiner Form. Was mal jemand vielleicht über einen Servicefall, so Wissensdatenbanken, da draußen beim Kunden ist das passiert und dann habe ich das gemacht, wird aufgeschrieben. So typischerweise frei formuliert, wie ich das gerade so ein bisschen flapsig ausgedrückt habe. Wenn jetzt der andere, der vielleicht in einem anderen Servicefall wieder beim Kunden draußen ist und da wieder eine vergleichbare Situation sieht, der kennt aber nicht diese vergleichbare Situation, sondern der tippt dann vielleicht in seine Wissensdatenbank ein, eine ganz andere Formulierung. Und wenn ich jetzt klassisch mit Schlagwort suche, das weiß ich zufällig, wie das funktioniert, weil ich damals mein Black Belt Projekt in dem Kontext gemacht habe, das ist eine der großen Herausforderungen. So mit Stichworten finde ich halt nur das wieder, was dem gleicht, was damals eingegeben wurde. Einfacher Suchalgorithmus. Da kann KI mit dieser frei formulierten Frage ja durchaus eine Chance sein. Weil sie dort stärker, sie versteht es nicht wirklich, sie versteht es im Grunde gar nicht, aber sie interpretiert trotzdem da irgendwie mehr rein, sehr leidenhafte Ausdrucksweise von mir, und ich bin dort eher in der Lage, eine frei formulierte Frage, so wie mit Perplexity zum Beispiel, formuliere ich halt irgendeine Frage, die mir gerade so durch den Kopf schießt. Und ich muss mir keine Gedanken machen, welches Schlagwort hat der Google oder sonst irgendeiner in seiner Datenbank. Und wehe, ich treffe es nicht, dann kriege ich null Ergebnis zurück.

Dierk

Ja, sehr schön. Ich habe keine weiteren Fragen mehr. Wenn ich auf die Uhr gucke, dann sind wir auch schon gut in der Stunde drin. Das ist ja bei mir immer so ein Plan, 45 Minuten bis 60 Minuten. Ich glaube, ich komme immer bei 60 mittlerweile raus, weil das so interessante Themen sind und so gute Gesprächspartner. Zum Abschluss, Götz, gebe ich meinen Gästen immer die Möglichkeit, quasi nochmal so einen Punkt rauszuarbeiten, etwas zu wiederholen oder irgendetwas zu sagen, was noch nicht gesagt wurde. Also wenn du nochmal so zurückblickst, gibt es noch irgendetwas, was du als eine Art Schlusswort mitgeben würdest.

Götz

Das ist eine sehr gute Frage. Vor allem, weil du jetzt wahrscheinlich keine weitere Viertelstunde Monolog haben möchtest von mir. Ich versuche jetzt einfach mal laut zu denken, was würde ich denn noch gerne loswerden? Ich greife mal das Letzte auf, was ich da gesagt habe mit dem Marmeladeglas.

Und das ist zum Beispiel auch der Grund, warum ich selber, Stichwort Podcast, A, meinen eigenen Podcast betreibe und B, mir auch andere Podcasts anhöre, weil es halt einen Blick über den Tellerrand oder einen Blick aus dem Marmeladeglas raus bedeutet. Dass ich sprichwörtlich aus meinem Glas rausschaue und andere Gläser sehe und Menschen, die aus anderen Gläsern rausschauen. Und die auch mal fragen kann, hey, was siehst du, was auf meinem Etikett steht.

Und ich glaube, nur durch diesen Austausch sind wir in der Lage, unsere eigenen Wissensgrenzen im Grunde zu erweitern. Also unsere Kompetenz letzten Endes zu erweitern.

Dierk

Ja, okay. Dann greife ich deinen Schlusssatz auf und sage, die, die meinen Podcast hören, dürfen sich auch gerne Götz Müllers Podcast anhören und umgekehrt.

Dann haben wir schon mal zwei Marmeladengläser. Und meine Erfahrung ist, Je mehr ich lerne, desto mehr merke ich, was ich nicht weiß. Also das Marmeladenglas vielleicht mal draußen vor, aber es ist ja unendliche Weiten von Sachen, die man nicht weiß. Und jetzt geht es doch nicht mal um Quantenphysik oder sonst irgendwas, sondern wirklich um ganz banale Dinge. Super interessant. Heute habe ich auch wieder viel gelernt. Das treibt mich ja an bei dem Podcast, dass ich einfach durch ein Gespräch mit Experten zu bestimmten Themen einfach auch was lerne.

Also insofern, Götz, vielen Dank.

Götz

Ich danke dir für die Einladung.

Dierk

Gerne. Das war jetzt die 42. Episode. Ich freue mich auf deine Fragen, dein Feedback. Du kannst mir Kommentare unter die Episode schreiben. Den Link auf dem Blog mit den Podcast-Episoden findest du in den Shownotes. Vielleicht hast du auch Fragen, die ich klären kann. Natürlich gerne auch per E-Mail an mich senden, denn ich möchte ja weitere Nadelstiche für ein lebendiges und erfolgreiches Business setzen.

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