Von Deutschland in die Welt: Meine Reise zur Veröffentlichung zweier englischsprachiger FitSM-Bücher

Zusammenfassung

Dieser Blogbeitrag beschreibt meine Erfahrungen bei der Übersetzung eines deutschen FitSM-Buches ins Englische, was letztendlich zur Entstehung zweier Bücher führte. Die Herausforderungen umfassten die Grenzen maschineller Übersetzung, die Integration der neuen FitSM-Version 3 und die kulturelle Anpassung von Beispielen im deutschsprachigen Ursprungsbuch. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit Co-Autor Anselm Rohrer und die Erweiterung um ein zweites Praxisbeispiel bereicherten das Projekt. Die Bücher spiegeln 15 Jahre ITSM-Erfahrung wider und sollen als pragmatische Leitfäden dienen – eines für Einsteiger und eines als Implementierungsleitfaden.

Einstimmung

Als ich vor über einem Jahrzehnt begann, mich intensiv mit IT-Service Management (ITSM) auseinanderzusetzen, hätte ich nicht erwartet, dass meine Expertise einmal in Form von zwei englischsprachigen Büchern globale Resonanz finden würde. Heute freue ich mich umso mehr, diese Reise mit Euch zu teilen – eine Reise, die nicht nur von fachlichen Erkenntnissen, sondern auch von persönlichen Lernprozessen, technologischen Herausforderungen und der Freude an internationaler Zusammenarbeit und Wissensaustausch geprägt ist.

Die Übersetzung als Brücke zwischen Kulturen und Fachwelten

Die Entscheidung, unser ursprünglich auf Deutsch verfasstes Buch zu FitSM ins Englische zu übertragen, entstand aus dem Wunsch, pragmatische ITSM-Lösungen einem globalen Publikum zugänglich zu machen. Doch was zunächst wie ein einfacher und linearer Prozess erschien, entwickelte sich schnell zu einem komplexen Vorhaben. Die maschinelle Übersetzungstechnologie, die wir zunächst als zeitsparendes Werkzeug einsetzten, erwies sich zwar als hilfreich für einen ersten Entwurf, stieß jedoch bei fachspezifischen Termini und kulturellen Nuancen an Grenzen. Ein Beispiel: Der Begriff „Service Management System“ mag auf den ersten Blick eindeutig erscheinen, doch seine kontextuelle Einbettung in unterschiedliche kulturelle Arbeitsweisen erfordert stets menschliche sprachliche Feinarbeit.

Interessanterweise führte dieser Übersetzungsprozess nicht nur zur Übertragung des bestehenden Inhalts, sondern löste eine inhaltliche Erweiterung aus. Jedes Kapitel, jeder Abschnitt wurde zum Anlass genommen, aktuelle Entwicklungen wie bspw. DevOps, der KI-Einfluss auf das IT-Service Management oder Cybersecurity-Integration zu reflektieren. Am Ende standen nicht ein, sondern zwei Bücher – eines, das die Grundlagen des FitSM-Frameworks praxisnah vermittelt, und ein zweites, das vertiefende Anwendungsfälle aus 15 Jahren Berufserfahrung beleuchtet und unter dem Titel „Praktischer Implementierungsleitfaden“ demnächst erhältlich sein wird.

Mensch und Maschine: Ein produktives Spannungsfeld

Obwohl Übersetzungstools wie DeepL hilfreich waren, zeigten sie deutliche Grenzen bei der Übersetzung komplexer technischer Inhalte. Die maschinellen Übersetzungen erforderten stets umfangreiche Nachbearbeitung und menschliche Kontrolle, da sie allein nicht in der Lage waren, die Nuancen und fachlichen Feinheiten korrekt zu erfassen. Die Kombination dieser Herausforderungen machte die Übersetzung zu einem arbeitsintensiveren Prozess als ursprünglich angenommen, führte aber letztendlich zu zwei qualitativ hochwertigen englischsprachigen Fachbüchern. Während Algorithmen repetitive Aufgaben effizient bewältigten, zeigte sich schnell, dass technische Texte eine menschliche Instanz zur Qualitätssicherung benötigen.

Die Übersetzung wurde zusätzlich erschwert durch die Notwendigkeit, idiomatische Ausdrücke angemessen zu übertragen und die Herausforderung, den ursprünglichen Stil und Ton beizubehalten, vor allem mit Blick auf eine zu erwartende jüngere Leserschaft. Technische Texte sind oft von kulturellen Besonderheiten geprägt, die nicht immer direkt ins Englische übersetzbar sind. Bei unseren FitSM-Büchern mussten wir kulturelle Referenzen und Beispiele anpassen, damit sie für ein internationales Publikum verständlich bleiben.

Studien zeigen, dass der Post-Editing-Aufwand bei Fachtexten durchschnittlich 30–40 % der Zeit einer Neuübersetzung entspricht. In unserem Fall ermöglichte dies, Ressourcen gezielt in inhaltliche Erweiterungen zu investieren, statt sie ausschließlich für linguistische Korrekturen aufzuwenden.

Synergie durch Partnerschaft: Die Co-Autorenschaft mit Anselm Rohrer

Einer der bereichernden Aspekte dieses Projekts war die Zusammenarbeit mit meinem Co-Autor Anselm Rohrer. Unsere komplementären Expertisen – seine Schwerpunkte in IT-Prozessen und IT-Sicherheit, meine in der praktischen Implementierung und beim Vermitteln der Inhalte– schufen ein dynamisches Zusammenarbeitsmodell. Diskussionen über Begriffe und neue Inhalte entwickelten sich häufig zu einem lehrreichen Austausch für beide Seiten.

Ein Schlüsselmoment dieser Partnerschaft war die gemeinsame Erarbeitung des neuen Kapitels mit der zweiten Beispielorganisation EnableIT, einem IT-Service Provider mit 28 Mitarbeitenden. Während die deutsche Fassung noch ein einzelnes Beispiel hatte (kleine interne IT-Abteilung mit 8 Mitarbeitenden), integrierten wir durch iterative Feedbackschleifen ein weiteres mit einem externen IT-Service Provider – von unterschiedlichen Management-Methoden bis hin zu Compliance-Anforderungen in einer geregelten Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung. Dieser Prozess unterstrich, dass effektives ITSM stets kontextsensibel bleiben muss, selbst in standardisierten Frameworks. Und er zeigte mir, dass selbst gut durchdachte Beispiele nur Beispiele sein können.

Integration der neuesten FitSM-Version 3

Eine besondere Herausforderung bei der Erstellung unserer englischsprachigen Bücher war die Integration der neuesten FitSM-Version 3. Diese Version, die als erste größere Aktualisierung durch die FitSM Working Group im Rahmen der gemeinnützigen IT Education Management Organisation (ITEMO) veröffentlicht wurde, brachte zahlreiche Änderungen mit sich. Obwohl keine strukturellen Änderungen implementiert wurden, gab es umfangreiche sprachliche Verbesserungen in allen Prozessen sowie eine Anpassung an die aktualisierte Version der ISO/IEC 20000 von 2018.

Die Einarbeitung dieser Aktualisierungen erforderte eine vollständige Überprüfung und Überarbeitung aller Inhalte, um sicherzustellen, dass unsere Bücher die aktuellen Standards und Terminologien widerspiegeln. Besonders die Anpassung der Terminologie, die in FitSM V3 vorgenommen wurde, um mit anderen Standards und Frameworks kompatibel zu bleiben, musste sorgfältig berücksichtigt werden. Dies war ein zeitintensiver Prozess, der jedoch entscheidend war, um den Lesern einen aktuellen und praxisnahen Leitfaden für die Implementierung von IT-Service-Management zu bieten.

Vom lokalen Know-how zum globalen Impact: FitSM als universelle Sprache

Die Motivation, diese Bücher zu veröffentlichen, speist sich aus einer doppelten Überzeugung: Erstens, dass pragmatisches ITSM keine exklusive Domäne kleinerer Unternehmen sein sollte, und zweitens, dass deutsche Beratungswissen wertvolle Impulse für die internationale IT-Community liefern kann. FitSM als leichtgewichtiger Standard bietet hier ideale Anknüpfungspunkte.

Besonders stolz machen mich die beiden Fallbeispiele. Bei der Übersetzung wurde schnell klar, dass das ursprüngliche deutsche Beispielunternehmen „Bikes&more“ für ein internationales Publikum erweitert werden musste. Wir entschieden uns, Bikes&more zu überarbeiten und ein zweites Beispiel zu ergänzen. Diese Erweiterung ermöglichte es uns, unterschiedliche vertragliche Anforderungen, kulturelle Herausforderungen und unterschiedliche Geschäftsmodelle authentisch darzustellen. Die Lesenden profitieren nun von zwei praxisnahen Szenarien, die die Anwendung von FitSM in verschiedenen Kontexten veranschaulichen.

Zwei Bücher, eine Vision: Warum aus einer Übersetzung zwei Werke wurden

Die dynamische Natur des ITSM-Sektors ließ es nicht zu, das ursprüngliche Buch einfach zu übertragen. Während der Übersetzungsarbeiten drängten sich ständig neue Themen auf: Die Integration von KI-Tools, Agilität im IT-Betrieb, oder die Auswirkungen von Remote Work. Anstatt diese Aspekte in Fußnoten zu verbannen, entschieden wir uns für eine thematische Trennung:

  1. IT service management with FitSM Version 3 – A practical and lightweight framework for IT mit einer umfassenden Darstellung des Frameworks, insbesondere für Einsteiger und als Prüfungsvorbereitung
  2. FitSM – A practical implementation guide mit den beiden schon erwähnten Beispielunternehmen und vielen Hinweisen auf eine erfolgreiche praktische Implementierung von FitSM

Beide Bücher sind durch zahlreiche Querverweise verbunden, ermöglichen aber auch eine unabhängige Lektüre – eine Struktur, die Leserfeedback zufolge besonders geschätzt wird.

Reflexionen und Ausblick: Was bleibt, was kommt

Rückblickend war dieser Übersetzungs- und Schreibprozess eine intensive Lernerfahrung. Er bestätigte, dass technologische Tools menschliche Expertise nicht ersetzen, sondern ergänzen können und dieser Aspekt auch zeitlich eingeplant werden sollte. Gleichzeitig wurde deutlich, wie sehr sich die Anforderungen an ITSM in den letzten Jahren gewandelt haben – von rein technischen hin zu stärker strategisch-kulturellen und organisatorisch relevanten Herausforderungen.

Für die Zukunft setze ich bereits die nächsten Schritte um: Es entsteht derzeit ein begleitendes Online-Portal mit interaktiven Schulungsmodulen, das die Bücher in online Selbstlernkurse überführt und weitere praktische Nutzungsmöglichkeiten weltweit ergänzt.

Fazit: Pragmatisches und praxisorientiertes IT-Service-Management als lebendige Disziplin

Die Veröffentlichung dieser Bücher markiert keinen Endpunkt, sondern einen weiteren Meilenstein in der kontinuierlichen Entwicklung des ITSM. Sie spiegeln wider, was mich seit Jahren antreibt: Die Überzeugung, dass IT-Service-Management kein starres Regelwerk, sondern ein flexibles Mindset sein muss – angepasst an technologische Veränderung, kulturelle Gegebenheiten und individuelle Unternehmensbedürfnisse.

Mögen diese Bücher nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Dialoge anregen – zwischen Theorie und Praxis, zwischen lokalen Besonderheiten und globalen Standards. Denn letztlich geht es im ITSM wie in der Übersetzung immer darum, Brücken zu bauen: Zwischen Technologie und Mensch, zwischen Effizienz und Innovation, zwischen Deutschland und der Welt.

Logo Dierk Söllner